Anny Angel-Katan: Biografie von Katahrina Seifert

Anny Angel Katan, auch: Anny Katan oder: Anny Rosenberg Katan

Anny Rosenberg wurde in Wien als Tochter des jüdischen Kinderarztes Ludwig Rosenberg und seiner Frau Judith Rie geboren. Ihr Vater und die beiden Brüder ihrer Mutter waren gute Freunde Sigmund Freuds (Oscar Rie war auch der Kinderarzt der Freuds), Anny selbst ging bei den Freuds aus und ein. Sie kannte Anna Freud seit ihrer Kindheit, und begann noch in ihrer Jugend sich intensiv für Psychoanalyse zu interessieren (ebenso wie ihre Cousine Marianne Rie (später: Kris)). Mit 16 hatte sie alles gelesen, was Freud bis dahin geschrieben hatte.
Sie besuchte ein Mädchengymnasium und studierte dann Medizin an der Universität Wien (1917-1923) und begann ihre psychoanalytische Ausbildung. Eine erste Analyse machte sie bei Max Eitingon in Berlin, später war sie auch bei Wilhelm Reich in Analyse, bis dieser 1927 an Tuberkulose erkrankte. Später bat sie Anna Freud, sie in Analyse zu nehmen, wozu diese erst nach einigem Zögern einwilligte. Diese Lehranalyse wurde 1934 beendet.
Bereits seit 1925 war sie ordentliches Mitglied der WPV, mit zwei Vorträgen begründete sie ihre Mitgliedschaft: „Einige Bemerkungen über Optimismus“, und „Die Rolle der ‚Verschiebung‘ bei der Straßenangst“. Ihr erster Vortrag 1928 hatte den Titel „Einige Beobachtungen an einem Kinde“. Ihr Interesse galt der Entwicklung der Kinderanalyse, gemeinsam mit Dorothy Burlingham, Willie Hoffer, August Aichorn, Editha Sterba, und Jenny Waelder-Hall gehörte sie zu den Pionieren rund um Anna Freud.
Von 1929 an arbeitete sie in der von Wilhelm Reich und Marie Frischauf gegründeten Sozialistischen Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung mit.
Annie Angel war Mitglied der KPÖ, seit 1934 im antifaschistischen Widerstand aktiv und Kurierin der Revolutionären Sozialisten.
1936 emigrierte sie nach Holland und heiratete ein Jahr später den holländischen Arzt und Psychoanalytiker Maurits Katan (1897-1977). Ihre Tochter Anna Marie wurde 1939 geboren. Seit 1937 arbeitete Anny Angel-Katan als Lehranalytikerin am Psychoanalytischen Institut in Den Haag. Auch in Holland war sie, ebenso wie ihr Mann, im antifaschistischen Widerstand aktiv, und sie mußten eine Zeit lang im Untergrund leben. Sie überlebte mit falschen Papieren und reiste noch mehrmals nach Österreich um anderen Analytikern bei der Flucht zu helfen, darunter Margarethe Mahler.
Nach dem Krieg wanderten Anny Angel-Katan und ihr Mann 1946 in die USA aus, und ließen sich in Cleveland, Ohio, nieder, wo sie auf Vermittlung Anna Freuds mit dem Aufbau einer psychoanalytischen Gruppe begann, und von 1946-1964 als Professorin für Kinderpsychoanalyse an der School of Medicine der Western Reserve University (Universitätskinderklinik) in Ohio tätig war. Als Mitglied der Detroit Psychoanalytic Society versammelte sie einen Kreis „importierter“ Absolventen von Anna Freuds Hampstead Child Therapy Course um sich und gründete 1950 in Cleveland die Therapeutic Nursery School (später Hanna Perkins School). Sie entwickelte, inspiriert von Sigmund Freuds Behandlung des „Kleinen Hans“, eine neue Behandlungsform für Kinder im Vorschulalter, die über die intensive oder ausschließliche Arbeit mit den Eltern lief (“treatment-via-the-parent” approach).
1958 gründete sie den Hanna Perkins Course in Child Psychoanalysis.
Sie beteiligte sich am Aufbau eines psychoanalytischen Instituts in Cleveland und gehörte 1957 zu den Gründungsmitgliedern der Cleveland Psychoanalytic Society. Für ihre Arbeit mit schwererziehbaren Kindern wurde sie vom Weißen Haus geehrt.
Gemeinsam mit Marianne Kris gründete sie eine kinderanalytische Sektion in der American Psychoanalytic Association.
Bis in ihre Neunziger war sie als Analytikerin in ihrer Praxis und an der Hanna Perkins School aktiv.
Sie starb in Cleveland, Ohio, am 24.Dezember 1992.

Text: Katharina Seifert, 2008
Redaktion: Christian Huber, 2010