Josef Karl Friedjung - Chronologie

6.5.1871 Josef Karl Friedjung wird in Nedwieditz (Nedvedice), Mähren, als Kind jüdischer Eltern geboren.

1882 Übersiedlung mit seiner Familie nach Wien, Besuch des akademischen Gymnasiums.

1889 Matura, Militärdienst als „Einjährig Freiwilliger“ in Wien und Laibach.

1895 Promotion in Medizin an der Universität Wien.

1897-1904 Assistent am Kinderspital der Wiener Allgemeinen Poliklinik.

1899 Beitritt zur Sozialdemokratischen Partei.

1903 Mitglied der Freimaurer.

Ab 1904 Arbeit am 1. Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut.

1905 Heirat mit Johanna Neumann, der Tochter des Operettenkomponisten Alexander Neumann.

1908 Teilnahme am 1. Psychoanalytischen Kongress in Salzburg.

1909 ordentliches Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Veröffentlichung von „Die sexuelle Aufklärung der Kinder“.

1911 Abteilungsvorstand am 1. Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut.

1914-1918 Militärdienst an Spitälern in Wien, Bruck/Leitha und an der Balkanfront.

1916 Veröffentlichung von „Erziehung der Eltern“.

1919-1922 Mitglied des Niederösterreichischen Landtags.

1920 Habilitation für Kinderheilkunde an der Universität Wien.

1921 Gründung der Wiener Sozialdemokratischen Ärztevereinigung.

1921-1936 regelmäßige Vorlesungstätigkeit an der Universität Wien.

1923 stellvertretender Direktor des 1. Öffentlichen Kinder-Krankeninstituts.

1923-1934 im Stadtschulrat für Wien.
1924-1934 Mitglied des Wiener Landtags und des Wiener Gemeinderats.
1925 Leitung der Kinderambulanz der Arbeiterkrankenversicherungskasse in Wien-Ottakring.

Josef K. Friedjung zum 60. Geburtstag - 6. Mai 1931
„Der Dozent für Kinderheilkunde an der Wiener Universität, der Psychoanalytiker Friedjung, der eben die Feier seines sechzigsten Geburtstages hinter sich hat, verdient eine besondere Würdigung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch in unserem Blatte. War er doch der erste Kinderarzt, der durch zahlreiche Publikationen jene Feststellungen über ein frühkindliches Sexualleben bestätigte, welche die Psychoanalyse zum Teil nur aus den Analysen Erwachsener erschloß. Seine scharfe Beobachtungsgabe, die vertrauenerweckende, humorvolle und gütig-väterliche Art des Umganges mit groß und klein unterstützten ihn darin besonders, und die Treue, die ihm bewahrt wird, gestatteten ihm, seine Beobachtungen bis zum Heranwachsen der ihm Anbefohlenen und oft darüber hinaus fortzusetzen. Konnte er so die Ubiquität der Erscheinungen kindlicher Sexualität und zugleich vielfach deren Harmlosigkeit nachweisen, so wurde ihm andrerseits der Zusammenhang mit der Pathologie und dem Verhalten der Erwachsenen so klar, daß er auch unermüdlich in Vorträgen vor allen Klassen der Bevölkerung für sexuelle Erziehung und Aufklärung eintrat. Den angesehenen Praktiker drängt sein soziales Fühlen nicht nur dazu, in seinem Ambulatorium und in Versammlungen in der genannten Richtung aufklärend zu wirken, sondern er tritt auch mit Wort und Tat für Alkoholabstinenz usw. ein. Seine Humanität drängte ihn auch in die Politik, wo er als sozialdemokratischer Gemeinderat und in städtischen Funktionen manch segensreiche Wirkung, auch für unsere psychoanalytischen Interessen, entfaltet. Der aufrechte und überzeugungstreue Mann, der so viel Liebe ausstrahlt und erntet, ist unter den Vorkämpfern für die Psychoanalyse in der ersten Reihe zu nennen, und unsere herzlichen Wünsche für eine weitere Reihe von Jahren unermüdlicher Tätigkeit Friedjungs – sind nicht eben unegoistische! Von seinen Publikationen sei speziell erwähnt das ausgezeichnete Buch „Erlebte Kinderheilkunde“, das neben vielem Wichtigen über seine originelle Diplomatie berichtet, mit der es ihm so leicht gelingt, auch ungebärdige Kinder untersuchungsfähig zu machen; ferner seine Arbeit über die „Pathologie des einzigen Kindes“ (Ergebn. inn. Med. 1917), über „Milieuerkrankungen des Kindes“ und „Kindliche Milieutypen“ (Z. f. Kinderh., Bd. 37) und die Broschüre „Sexuelle Erziehung“ (Springer 1927). Friedjung behandelte ferner die „Akuten Psychoneurosen des Kindes“ in der Z. f. Kinderh. (Bd. 40), die „Psychoanalyse im Kindesalter“ (W. kl. Wochenschr. 1929); ebendort das „Normale und krankhafte Triebleben des Kindes“ (1931). „Zur Frage des Kinderselbstmordes“ berichtet der Autor in der Z. f. Kinderforschung (1930), über „Krankhafte Triebabweichungen im Kindesalter“ in der Z. f. Kinderh. 1931. „Das Recht des Kindes“ hat Friedjung auf dem 4. Kongreß der Weltliga für Sexualreform (1931) erörtert. Endlich sei der zusammenfassenden Arbeit gedacht: „Was hat Sigm. Freud der Kinderheilkunde gebracht?“ („Kinderärztl. Praxis“, 1931). Alle diese Arbeiten und andere hier nicht besonders angeführte beweisen, daß ein Arzt mit vorurteilsloser Beobachtung, auch wenn er selbst die Zeit für länger dauernde Psychoanalysen nicht erübrigen kann, die Ergebnisse der Psychoanalyse über das Seelenleben der Kinder voll bestätigen muß.“
(E. Hitschmann, IZP, XVII, 1931, 419-420)

1934 Verhaftung als sozialdemokratischer Gemeinderat.
1936 Entzug seiner Lehrbefugnis an der Universität Wien.

1938 Emigration auf Vermittlung der Jewish Agency nach Haifa, Palästina, arbeitet in der Einwanderungsbehörde für Kinder und Jugendliche, „Jugendaliyah“.

25.3.1946 Tod von Josef Karl Friedjung durch Herzinfarkt, in Tel Aviv (Österr. Biograph. Lexikon, aeiou), nach anderen Quellen: in Haifa (Mühlleitner).

Text: Sabine Zaufarek, 2008

Redaktion: Christian Huber, 3.6.2010