Erich Fromm - Chronologie

23.3.1900 Erich Pinchas Fromm wurde in Frankfurt/M als Sohn des orthodox-jüdischen Weinkaufmanns Naphtali Fromm und seiner Frau Rosa, geb. Krause geboren.
1918 Abitur an der Wöhler-Schule in Frankfurt
1918 Beginn eines Jusstudiums in Frankfurt.
1919 Mitinitiator des „Freien Jüdischen Lehrhauses“ in Frankfurt.
1919 Studium in Heidelberg.
1920 Studium der Nationalökonomie (Soziologie) in Heidelberg.
Bis 1925 Talmudunterricht bei Rabbi Rabinkow.
1922 Promotion zum Dr. phil. über Das jüdische Gesetz
1924 Gründung des „Therapeutikums“ in Heidelberg (Mönchhoferstraße) mit Frieda Reichmann.
Psychoanalyse zuerst bei Frieda Reichmann, dann Wilhelm Wittenberg in München.
1926-1931 Ehe mit Frieda Reichmann heiraten.
Lösung vom orthodoxen Judentum.
Trifft mit Georg Groddeck in Baden-Baden zusammen.
1927 erste psychoanalytische Publikationen.
1928 -1930 Psychoanalytische Ausbildung am Karl Abraham Institut in Berlin.
1929 Lehranalyse bei Hanns Sachs.
Mit Karl Landauer, Frieda Fromm-Reichmann, Heinrich Meng Gründung des Süddeutschen Instituts für Psychoanalyse in Frankfurt.
1930 Mitglied des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt, (forschte zu Psychoanalyse und Sozialpsychologie).

„Die zentrale Fragestellung ‚Warum handeln unterdrückte Menschen gegen ihre eigenen Interessen?‘ versuchte Fromm im Rahmen der groß angelegten empirischen Untersuchungen des Frankfurter-Instituts zu beantworten. Die Ergebnisse einer analytisch-interpretierten Fragebogenaktion Anfang der dreißiger Jahre unter Hunderten „Arbeitern und Angestellten am Vorabend des Dritten Reiches“ (1980) waren ernüchternd. Nicht die bewußte Kundgebung der politisch organisierten und revolutionär gesinnten Befragten, sondern die unbewußte autoritär geformte Charakterstruktur zeigte sich von Belang, daß kaum Widerstand gegen die aufkommende Diktatur zu erwarten war. Für Fromm lag nicht in der politischen Manifestation, sondern im unbewußt gelagerten „Gesellschafts-Charakter“ der „Kitt“, der die gesellschaftliche Ordnung zusammenhält. Ganz entsprechend dieser Analyse überrollten die politischen Entwicklungen auch die Forschungsvorhaben des Frankfurter-Instituts. Die weitere Auswertung der Untersuchung, die in Max Horkheimers herausgegebenen „Studien über Autorität und Familie“ einfloß und zu der Erich Fromm einen umfassenden „Sozialpsychologischen Teil“ (1936) beisteuerte,  mußte im Exil veröffentlicht werden. Das Institut wurde im März 1933 wegen staatsfeindlicher Tendenzen geschlossen.“ (Fallend, 2000)

1930 Abschluß der Ausbildung in Berlin und Eröffnung einer eigenen Psychoanalytische Praxis in Berlin.
1931 Publikation: Politik und Psychoanalyse.
1931 Erkrankung an Lungen TBC.
1931- April 1934 Kuraufenthalt in Davos.
1932 Publikation: „Über Methode und Aufgabe einer Analytischen Sozialpsychologie“ in der Zeitschrift für Sozialforschung.
1933 Gastvorlesungen in Chicago (eingeladen von Karen Horney. Arbeiten zur Mutterrechtstheorie. Tod des Vaters.
1933-1943 Freundschaft mit Karen Horney (bis 1943).
25.3.1934 Emigration über die Schweiz in die USA (Ankunft New York 31.5.1934).
Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in die Emigration gewzungenen Institut für Sozialforschung bis 1939 (Bearbeitung seiner sozialpsychologischen Untersuchung von deutschen Arbeitern und Angestellten von 1930).
1935 Publikation: Die gesellschaftliche Bedingtheit der psychoanalytischen Therapie. Zusammenarbeit mit Harry Stack Sullivan und Clara Thompson. Frieda Fromm-Reichmann gelangt nach Chestnut Lodge bei Washington (D.C.).
1936 Publikationsbeitrag zum „autoritären Charakters“ in Horkheimers Studien über Autorität und Familie.
1937 Neoanalyse (Revision des Freudschen Triebkonzeptes - Psychoanalyse als analytische Sozialpsychologie. Kritik seines Ansatzes durch Horkheimer, Marcuse und Adorno abgelehnt.
1938 Europareise, wieder Ausbruch von TBC, Kur in Davos.
1938/9 Nach Eintritt Theodor W. Adornos als Institutsmitglied kam es zur Trennung vom Institut für Sozialforschung, Anlass waren Fromms theoretische psychoanalytische Positionen,
25.5.1940 Amerikanische Staatsbürgerschaft.
1941 Publikation: Die Furcht vor der Freiheit (kritisiert von Adorno und Marcuse). Lehrte an der New School for Social Research.
1942 Professur am Bennington College in Bennington (Vermont).
1943 Zwist mit Karen Horney.
Gründung des New Yorker William Alanson White Instituts.
1944 Ehe mit Henny Gurland.
1947 Publikation: Psychoanalyse und Ethik.
1948 Terry Lecturer an der Yale University
über Psychoanalyse und Religion (1950 veröffentlicht). Erkrankung von
1950 Übersiedlung nach Mexiko Stadt.
1951 Professor für Medizinische Psychologie an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) in Mexiko-City. Gründung einer psychoanalytischen Arbeitsgruppe (u.a. mit Alfonso Millán, Aniceto Aramoni Jorge Silva García). Kurse für mit Ausbildungskandidaten der Psychoanalyse
4.6.1952 Tod von Henny Gurland Fromm.
1953 Ehe mit Annis Freeman, geb. Glover.
1955 Publikation: Wege aus einer kranken Gesellschaft.
1956 Publikation: Die Kunst des Liebens.
1956 Gründung der Sociedad Psicoanalítica Mexicana (SPM)
Übersiedelung nach Cuernavaca
1957 Tod von Frieda Fromm-Reichmann
Seminar mit dem japanischen Buddhisten Dr. Daisetz T. Suzuki.
1959 Publikation: Sigmund Freud. Seine Persönlichkeit und Wirkung.
1960 Engagement für Sozialistische Partei der Vereinigten Staaten. Vortragstätigkeit in den USA.
1961 Publikation:  Das Menschenbild bei Marx; Buches über amerikanische Außenpolitik.
1962 Publikation: Jenseits der Illusionen.
Teilnahme an der Friedenskonferenz in Moskau.
Gründung der IFPS (Dachverband nichtorthodoxer psychoanalytischer Gesellschaften)
1963 Gründung des Instituto Mexicano de Psicoanálisis (IMPAC) durch Fromm. 1985 Herausgabe  des Jahrbuchs Anuario del Instituto Mexicano de Psicoanálisis durch die IMPAC.
1964 Publikation: Die Seele des Menschen.
1965 Emeritierung in Mexiko-Stadt. Verstärktes
Engagement in Friedensinitiativen und gegen den Vietnamkrieg.
1966 Publikation: Ihr werdet sein wie Gott.
1. Herzinfarkt. Rückzug aus Tätigkeit in Mexiko. Schrittweise Verlagerung seines Lebens nach Europa.
1968 Exponierte sich für die Wahl von Eugene McCarthy. Nach Nixons Sieg Rückzug aus der Politik.
Publikation: Die Revolution der Hoffnung.
Nach dem Sieg Nixons Rückzug aus den politischen Aktivitäten. 1969 Locarno Miete einer Sommerwohnung.
1970 Publikation seiner Felduntersuchung über die mexikanischen Bauern.
1973 Publikation: Anatomie der menschlichen Destruktivität.
1974 lebte von nun an ganzjährig im Tessin.
1976 Publikation: Haben oder Sein.
1977 Zweiter Herzinfarkt.
1978 Dritter Herzinfarkt.
18.3.1980 Tod durch vierten Herzinfarkt in Muralto, Schweiz.

Fromms neoanalytischer Fortschritt wird von vielen als Rückschritt registriert:
„Denn Freuds revolutionäre Einsicht bestand u.a. darin, den Menschen zu zeigen, daß sie nicht Herr im eigenen Hause seien. Das, was wir Bewußtsein nennen ist verstärkt unbewußt und damit historisch gelenkt und das Ich bleibt unversöhnlich zwischen den triebhaften Bedürfnissen, den moralischen Geboten und der repressiven Außenwelt ausgesetzt. Fromm hingegen verhalf dem Ich zur alten Stärke, deren allfällig bedrohliche Schwächungen in der Korrektur zwischenmenschlicher Beziehungen auch durch Selbsterfahrung oder Meditationsübungen beizukommen sei. „Der freie Mensch ist der, der sich selbst kennt.“ Die nachhaltigen Niederschläge der Kindheitsgeschichte sah Fromm sekundär. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die aktuellen unbewußten Prozesse. Die Kritiker waren und sind sich deshalb einig, daß Fromm in der Aufgabe der Sexualtheorie dem Freudschen Denken den kritischen Stachel zog. Seine heutigen Adepten begrüßen hingegen den selbständigen Wandel Erich Fromms vom präzisen und nüchternen Analytiker in der Freudschen Tradition des Kulturpessimismus zum optimistischen Ermutiger, Helfer, Heiler und Tröster, als der er sich auch in der politischen Aktion verstand.“ (Fallend, 2000.)

Text, Redaktion: Christine Diercks, 8.8.2010