Eugenia Sokolnicka - Chronologie

1884 als Tochter einer angesehenen jüdisch-intellektuellen Familie in Warschau geboren. (Ihre Mutter erhielt bei ihrem Tod als polnische Freiheitskämpferin und Beteiligung am Aufstand Warschaus 1863 ein Staatsbegräbnis.)
1904 Sokolnicka studierte in Paris an der Sorbonne Biologie, besuchte Vorlesungen Pierre Janets, kam mit literarischen Zirkeln in Kontakt, lernte ihren Mann M. Sokolnicka kennen, der ebenfalls aus Polen stammte. Das Paar heiratete nach ihrer gemeinsamen Rückkehr nach Polen. Die Ehe währte zwölf Jahre.
1911 ging sie zu C.G. Jung nach Zürich und machte bei ihm eine Analyse.
1913-1914 Nach dem Bruch zwischen Freud und Jung Psychoanalyse bei Sigmund Freud in Wien. Später wird sie ihn beschuldigen, ihre Analyse beendet zu haben, da sie wegen ihrer Scheidung über keine finanziellen Mittel mehr verfügte. (answers.com/topic/sokolnicka-kutner-eug-nie)
April 1914 zum erstenmal Gast in der WPV.   
Ließ sich vorübergehend in München nieder, wahrscheinlich analysierte sie in dieser Zeit Felix Böhm. Im Gefolge des 1. Weltkrieges kehrte sie nach Warschau zurück.
1916 ging sie nach Zürich, wurde dort Mitglied der Psychoanalytischen Gesellschaft.
Am 8.11.1916 wurde sie Mitglied der WPV (bis 1926) und zählte damit zu den ersten Frauen in der Wiener Vereinigung. 1927 findet sie sich noch einmal auf der Mitgliederliste der WPV im Bulletin of the International Psycho-Analytic Association 8, 122-131: Sokolnicka, Eugenie, Paris VII., 30, rue Chevert.
1917 kehrte sie neuerlich nach Polen zurück und versuchte in Warschau eine psychoanalytische Gruppe zu gründen (Brief Freuds an Ferenczi vom 19.1.1918).
1919 behandelte sie in Warschau für 6 Wochen einen zwölfjährigen jüdischen zwangsneurotischen Buben aus Minsk. Sie publizierte diese Behandlung 1920 in der IZP - eines der ersten Beispiele von Kinderanalyse.
1918 Teilnahme am IPV Kongress in Budapest.
1920/21 absolvierte sie eine weitere Analyse bei Sándor Ferenczi in Budapest, der darüber an Freud schreibt (4.6.1920), sie als schwierige Patientin erachtet, ihre psychoanalytischen Fähigkeiten aber schätzt.

„Ferenczis Diagnose zufolge soll Eugenia Sokonicka an Paranoia, Erotomanie und Depressionen gelitten haben und selbstmordgefährdet gewesen sein. Ihre Analyse bei ihm war offenbar erfolgreicher als die bei Freud, der die Sokolnicka nicht besonders mochte.“ (psychoanalytikerinnen.de)

1920 Veröffentlichung in der IZP: Analyse einer infantilen Zwangsneurose.
1920 Teilnahme am VI. IPV Kongress in Den Haag. Vortrag: Zur Symptomatologie und Diagnostik in der psychoanalytischen Neurosenlehre.
Ab Herbst 1921 lebte sie in Paris (Freud schrieb ihr eine Empfehlung, er korrespondierte darüber zuvor mit Ferenczi am 16.1.1921; siehe dazu auch Bertin 1989, 264).
Sie hatte engen Verbindungen zu literarischen Kreisen um die Nouvelle Revue Francaise und bald scharten sich an Psychoanalyse Interessierte um sie - unter ihnen Jacques Riviére und André Gide, der auch analytische Sitzungen bei ihr nahm.
1922-23 hielt sie in Paris vier Vorträge über Psychoanalyse an der École des Hautes Études Sociales und lernte so Georges Heuyer kennen, der das psychiatrischen Krankenhaus Saint-Anne leitete. Sie nahm dort an Meetings und Fallpräsentationen teil, die jungen Psychiater René Laforgue (für einige Monate) und Édouard Pichon (1923-1926) waren bei ihr in Lehranalyse. Henri Claude lehnte Nichtärzte ab und betraute mit der Leitung der Ambulanz von Saint-Anne einen Arzt: René Laforgue, ihren ehemaligen Lehranalysanden.
1923 diskutierte sie über Psychoanalyse in der Zeitschrift Encéphale.
Sie war an den Bemühungen in Paris eine psychoanalytische Gesellschaft zu gründen beteilig. Freud anerkannte Eugenia Sokolnicka - trotz seiner persönlichen Vorbehalte -  in einem Brief vom 15.1.1924 als legitime Repräsenantin der Psychoanalyse in Paris.
1925 Eugenia Sokolnicka wurde als Madame Sophroniska von André Gide in seinem Roman „Die Falschmünzer“ verewigt.
Am 4. November 1926 gründeten Marie Bonaparte, Eugenia Sokolnicka (Vizepräsidentin), Professor Hesnard,  R. Allendy, A. Borel, R. Laforgue, R. Loewenstein, G. Parcheminey und Edouard die Pariser Psychoanalytische Gesellschaft.
Als Lehranalytikerin bildete sie zusammen mit Rudolph Loewenstein die erste Generation französischer PsychoanalytikerInnen aus, zu ihren AnalysandInnen zählten auch Paulette Laforgue, Blanche Reverchon-Jouve und Paul Schiff. Ihre Praxis ging später zurück, sie spezialisierte sich auf Kurztherapien und verdiente damit gerade ihren Lebensunterhalt.
Juni 1929 auf der 4. Conference of French speaking Psychoanalysts Vortrag zur psychoanalytischen Technik.
Ab 1931 litt Eugenia Sokolnicka zunehmend unter Depressionen.
Sie hätte zur Eröffnung des Pariser Psychoanalytischen Instituts (2. bis 23. Mai 1934) zu Psychoanalyse und Charakter sprechen sollen.
Am 19. Mai 1934 nahm sie sich in Paris das Leben.

„Sie hatte immer weniger Patienten, ihre Depressionen verstärkten sich, bis sie, bedrückt durch Armut, Wurzellosigkeit und die Bedrohung durch den Nationalsozialismus in Deutschland, sich 1934 das Leben nahm.“ (psychoanalytikerinnen.de)

Edouard Pichon, einer ihrer Analysanden, veröffentlichte in der  Novelle Revue Francaise einen Nachruf.

Zu Literatur und Quallen siehe nebenstehende Datei.

Text: Christine Diercks, 20.5.2010