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Chronik der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (1907 - 1958)

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1907  Karl
Abraham
zieht nach Berlin, eröffnet eine psychiatrisch-neurologische
Praxis in der er auch psychoanalytisch behandelt.

1908  1.
Zusammenkunft der Berliner Psychoanalytischen Vereinigung mit: Karl
Abraham, Iwan Bloch, Otto Juliusburger, Magnus Hirschfeld und Heinrich
Koerber. Zur 2. Zusammenkunft kamen bereits 20 Personen.

1910  Max
Eitingon
zieht nach
Berlin.
Gründung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) im
Anschluss an den 2. Internationalen psychoanalytischen Kongress in
Nürnberg. Die Berliner Psychoanalytische Vereinigung konstituiert sich
als ‘Berliner Ortsgruppe der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung’.
Die ersten Mitglieder sind: Otto Juliusburger, Heinrich Koerber, Johann
Marcinowski, (?) Simon, Arnold Georg Stegmann, Wilhelm Strohmayer,
Wolfgang Warda, Max Eitingon und Karl Abraham.
Karen Horney, Carl Müller-Braunschweig und
Josine Müller kommen nach Berlin; alle drei beginnen eine Analyse bei
Abraham. Enttäuscht von ihrer persönlichen Analyse, aber gewonnen für
die ‘Sache‘, gehen sie ­ später ­ zu Hanns Sachs.

1911  Tanja
Rosenthal, Karen Horney und Margarte Stegmann werden als erste Frauen
in der auf 11 Mitglieder angewachsenen Gruppe (Ende 1911) aufgenommen.
Im Juni 1912 kommen zwei Nicht-Ärztinnen als außerordentliche Mitglieder dazu.

1912  Theodor
Reik zieht nach Berlin und beginnt bei Abraham eine Analyse.

1913  Nach
C. G. Jungs Austritt aus der IPV schlägt Freud Abraham
die Auflösung und Neukonstituierung der Gesellschaft vor. Abraham
lehnt das ab, da von den 18 Mitgliedern nur 9 in Berlin leben.
Der 1. Weltkrieg, mit dessen Zielen die meisten Psychoanalytiker identifiziert
sind (mit Ausnahme von Helene Stöcker und Siegfried Bernfeld), bewirkt
eine wachsende Anerkennung der Psychoanalyse, da sie besondere Erfolge
bei der Behandlung von Kriegsneurosen vorweisen kann.

1918  Auf
dem Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Budapest interessieren
sich österreichische, deutsche und ungarische Regierungsvertreter
für diese Erfolge. Sigmund Freud plädierte für die Massenanwendung
der Psychoanalyse („… dass wir bei der Massenanwendung unserer
Therapie das reine Gold der Analyse werden legieren müssen“)
und dafür, sie einer breiten, unbemittelten Bevölkerung zugänglich
zu machen.
Ernst Simmel, Hans Liebermann und Felix
Boehm
werden von Abraham ausgebildet.
Walter Schmideberg beginnt bei Eitingon eine Analyse und vertritt ihn
später als Direktor des Instituts.

1920  Eröffnung
der ersten psychoanalytischen Poliklinik und Lehranstalt in der Potsdamerstraße
29 (heute Nr. 74) Berlin-Tiergarten. Sie wird von Eitingon weitgehend
finanziert und geleitet, Simmel und Anna Smeliansky, die in der Poliklinik
wohnt, sind seine Assistenten. Dozenten: Abraham, Eitingon, Horney,
Simmel, Liebermann.

1920/21   Franz
Alexander, Therese Benedek, Jenö Hárnik, Melanie Klein und Sándor
Radó fliehen aus Ungarn, Moshe Wulff aus
der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik.

1922  7.
Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Berlin im Haus des
jüdischen „Brüdervereins gegenseitiger Unterstützung“. Sigmund Freud
ist zum letzten Mal persönlich auf einem psychoanalytischen Kongress
anwesend. Das Vereinshaus wurde im Dez. 1939 Sitz des „Judenreferat“ von
Adolph Eichmann, von dem aus die Deportationen organisiert wurden.
Hanns Sachs kommt nach Berlin, um Abraham als Lehranalytiker zu unterstützen. Otto
Fenichel wird Ausbildungskandidat am BPI.

1923  Eitingon
führt Ausbildungsrichtlinien ein und einen Unterrichtsausschuss (UA),
dem Abraham, Eitingon, Horney, Müller-Braunschweig, Sachs und Simmel
angehören. Damit wird das Berliner Psychoanalytische Institut die
erste Einrichtung, in der Psychoanalyse systematisch erlernt werden
kann.
Nach dem 1. Weltkrieg bis zur NS-Zeit waren folgende Personen als Lehrer,
Kandidaten oder Gäste am Berliner Psychoanalytischen Institut (die
nicht alle DPG-Mitglieder waren). Viele von Ihnen wurden gezwungen,
Deutschland zu verlassen:

Karl Abraham, Hilda Abraham, Franz Alexander, Lou Andreas-Salomé,
Alice Bálint, Michael Bálint, Gustav Bally, Georg Barag, Moses Barinbaum,
Elisabeth Baumann-Goldner, Franz Baumeyer, Therese Benedek, Bernhard
Berliner, Siegfried Bernfeld, Ernst Bernhard, Basja Bers, Herbert Binswanger,
Poul Bjerre, Iwan Bloch, Lionel Blizsten, Kilian Bluhm, Felix Boehm,
Berta Bornstein, Steff Bornstein, Medard Boss, Margarethe Miriam Brandt,
Thea Bry, Hildegard Buder-Schenk, Julie Cellarius, Hjördis Christensen,
Reider Christensen, Franz Cohn, Walter Cohn, George Daniels, Frances
Deri, Helene Deutsch, Suse Drechsler, Daniel Dreyfuss, Alfred Döblin,
Käthe Dräger, Max Eitingon, Tore Ekmann, (Frau) Fabian, geb. Slodki,
Sergey Feitelberg, Otto Fenichel, Robert Fließ, Rudolf H. Foerster,
Anna Freud, Kate Friedländer, Oscar Friedmann, Erich Fromm, Frieda
Fromm-Reichmann, Else, Fuchs, Adelheid Fuchs-Kamp, Gertrud Fuhge, Angel
Garma, Georg Gerö, Elizabeth Gerö-Heymann, R. Gerstein, James Glover,
Gertrud Goebel, Ray Gosline, Gustav Graber, Ursula Graf, Isa Grant-Duff,
Alfred Groß, Martin Grotjahn, Edith Gyömröi-Glück, Erich Haas, Nina
Haasvoll, Clara Happel, Irene Haenel-Guttmann, Joachim Haenel, Jenö Hárnik,
Heinz Hartmann, Hans von Hattinberg, Paula Heimann, Ethilda Herford,
Karl Maria Herold, Nic Hoel, Jakob Hoffmann, Karen Horney, Richard
Huelsenbeck (Charles Huelbeck), Hermine Hug-Hellmuth, David Idelsohn,
Edith Jacobsohn, Lucie Jessner, Otto Juliusburger, Hellmuth Kaiser,
Maria Kalau vom Hofe, Hans Kalischer, Bernhard Kamm, Jacob Kasanin,
Werner Kemper, Salomea Kempner, Melanie Klein, Walter Kluge, (?) Knabenhans,
Adelheid Koch, Heinrich Koerber, Erwin Kohn, Erich Kraft, Paul Kramer,
Hans Lampl, Jeanne Lampl de Groot, Karl Landauer, Johannes Landmark,
Barbara Lantos-Schneider, Majorie Leonhard, Max Levy-Suhl, Ernst Lewy,
Lotte Liebeck-Kirschner, Hans Liebermann, (?) Van der Linde, Henry
Loewenfeld, Yela Loewenfeld, Friedrich Loofs, Sandor Lorand, Barbara
Low, Rudolf Löwenstein, Fanny Lowtzky, Hilde Maas, Hans March, Anna
Maenchen-Helfen, Johannes Marcinowski, Heinrich Meng, Alexander Mette,
Käte Misch-Frankl, Fritz Moellenhoff, Josine Müller, Carl Müller-Braunschweig,
Arthur Muthmann, Max Nachmannsohn, Elisabeth Naef, Hans Nathanson,
Johann H.W. van Ophuijsen, Sylvia Payne, Fritz Perls, Jenny Pollak
(verh. Wälder), Milla von Prosch, Sándor Radó, Olaf Raknes, Annie Reich,
Wilhelm Reich, Theodor Reik, Marianne Rie (verh. Kris), Ewald Roellenbleck,
Angela Rohr, Willhelm Rohr, Eva Rosenfeld, Tanja Rosenthal, Hanns Sachs,
Ilja Schalit, Melitta Schmideberg, Walter Schmideberg, Ada Schott (verh.
Müller-Braunschweig), Heinrich Schulte, Harald Schultz-Hencke, Margarete
Seiff, Ella Sharp, Wiliam Silverberg, Ernst Simmel, Emil Simonson,
Anna Smeliansky, Sabina Spielrein, René Spitz, Hugo Staub, Margarete
Stegmann, Alfred Stern, Helene Stöcker, Erwin Strauss, Alix Strachey,
James Strachey, Eckardt von Sydow, Edith Taglicht, Ulrich Vollrath,
Milly Vosviniek, August Watermann, Eda Weigert (-Vowinckel), Frederic
Samuel Weil, Frederick Weiss, Marie-Luise Werner, Franziska von Wimmersperg,
Emanuel Windholz, Gerhard Witt, W. Wittenberg, Eric Wittkower, Annemarie
Wolff, Nelly Wolffheim, Moshe Wulff.

1924  1.Deutsche
Zusammenkunft für Psychoanalyse in Würzburg. Frieda Fromm-Reichmann
eröffnet in Heidelberg das „Therapeutikum“ mit 15 Plätzen. Orthodoxes
Judentum und Psychoanalyse werden hier verbunden; (Schließung 1928).

1925  9.
Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Bad Homburg. Die -
vor allem von Eitingon - erarbeiteten Richtlinien zur psychoanalytischen
Ausbildung erlangen internationale Gültigkeit.
Karl Abraham stirbt.

1926  Im
Hotel Esplanade wird Freuds 70. Geburtstag großartig mit führenden
Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben, Politik, Wirtschaft,
Kunst, Literatur und Musik gefeiert (His, Hirsch, Orlik, Schreker,
Döblin und Simmel halten Ansprachen).
Umbenennung der Berliner Psychoanalytischen Vereinigung in Deutsche
Psychoanalytische Gesellschaft (DPG).
Uraufführung des Filmes: ‘Geheimnisse einer Seele’.
Siegfried Bernfeld kommt aus Wien und übernimmt den Unterricht für
Pädagogen.
Aufnahme der Psychoanalyse in die allgemeine Gebührenordnung für Ärzte
(ADGD).
Gründung einer psychoanalytischen Arbeitsgruppe in Frankfurt mit Karl
Landauer und Heinrich Meng.
Melanie Klein geht nach London.

1927  Simmel
eröffnet ein psychoanalytisches Sanatorium in Berlin-Tegel (mit 25-30
Betten) zur Behandlung schwerer Neurosen, Süchte und Charakterfehlentwicklungen.
Im August 1931 muss es geschlossen werden.
Die von
Therese Benedek geleitete ‘Leipziger Arbeitsgemeinschaft der Deutschen
Psychoanalytischen Gesellschaft’ schließt sich dem Berliner Institut an.

1928  Umzug
der Poliklinik und Lehranstalt in die Wichmannstraße 10, in Berlin-Tiergarten.

1929  Hans
Lampl und Jeanne Lampl de Groot kommen nach Berlin. Ihr Haus wird
von Sigmund Freuds Sohn, dem Bauhausarchitekten Ernst Freud gebaut.
Harald Schultz-Hencke wird der Lehrauftrag entzogen, da er wichtige Freudsche
Grundpositionen aufgegeben hat.

1930  Sigmund
Freud wird der Goethepreis der Stadt Frankfurt verliehen.
Werner Kemper beginnt als Dozent.
Institutsgründung des Frankfurter Instituts der „Südwestdeutschen
Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft“; enge Zusammenarbeit mit
dem „Institut für Sozialforschung“ (Max Horkheimer, Theodor
Adorno) zur Weitervermittlung von Psychoanalyse in Lehranalysen und
in Kursen, die an der Universität stattfinden - ohne Therapeutenausbildung.
Die erst 1930 in Frankfurt eingerichtete psychoanalytische Poliklinik
muss 1932 wieder geschlossen werden.
Bildung einer psychoanalytischen Arbeitsgruppe in Stuttgart durch Gustav
Graber und Hermann Gundert.
Auch in Hamburg entsteht eine psychoanalytische Arbeitsgruppe geleitet
von Clara Happel und August Watermann.
2. Deutsche Zusammenkunft für Psychoanalyse in Dresden.
Franz Alexander geht in die USA.

1930  Sándor
Radó geht ebenfalls in die USA, Hanns Sachs und Karen Horney folgen.
Diese erste Emigrationswelle dient dem „Export“ des Berliner Instituts-
und Ausbildungsmodells.

1932  Theordor
Reik geht nach Holland.
12. Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Wiesbaden.

1933  (21.03.)
Eitingon holt bezüglich der Situation in Deutschland Freuds Rat ein.
(07.04.) Einführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
durch die nationalsozialistischen Machthaber.
(09.04.) Verordnung zur Arisierung der Vorstände ärztlicher Organisationen.
(22.04.) „Nichtarischen“ Ärzten wird die Kassenzulassung
entzogen.
(06.05.) Boehm und Müller-Braunschweig beantragen eine Arisierung des
Vorstands; sie setzten sich nicht durch. Die Mehrheit der Mitglieder
stimmt gegen die Änderung (8 : 15 mit 5 Enthaltungen).
(10.05.) Bei der Bücherverbrennung werden Freuds Schriften verbrannt
und die diverser anderer psychoanalytischer Autoren.
(18.11.) In der Generalversammlung wird die Vorstandsumbildung beschlossen. Boehm und Müller-Braunschweig übernehmen
die Leitung.
(31.12.) Eitingon verlässt Berlin.
Unter den Emigranten und Flüchtlingen sind:
Eitingon, Fenichel, Fuchs (Foulkes), Lantos, Bernfeld, Landauer, Reich
und Simmel. Reich wird aus der DPG ausgeschlossen, da sie fürchtet,
dass seine Vorstellung über die Verbindung von Psychoanalyse und Kommunismus
die DPG diskriminieren und damit gefährden könnte. Salomea Kempner,
August Watermann und Karl Landauer überlebten ihre Inhaftierung durch
die Nationalsozialisten nicht.
Die Hörerzahlen am Berliner Institut waren von 222 (Dez.1931) auf 39
(Dez.1933) zurückgegangen.
Formierung der Deutschen Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie
unter der Leitung von Matthias Heinrich Göring. Göring will Vertreter
der Psychoanalyse dabei haben und hofft auf Schultz-Henckes Mitarbeit.

1934  M.
H. Göring lässt das Berliner Psychoanalytischen Institut anlässlich
der Bally/Jung-Kontroverse, in der Jung der Kollaboration mit den
Nationalsozialisten beschuldigt wird, überprüfen.
13. IPV-Kongress in Luzern. Referenten der DPG sind: Benedek, Boehm
und Kemper.

1935  Feier
zum 15jährigen Bestehen des Berliner Psychoanalytischen Instituts.
Psychoanalyse soll nicht verboten werden, wenn sie nur durch ‘Arier’ vertreten
würde. Die DPG verfasst eine Resolution, die die Mitglieder zur politischen
Abstinenz verpflichtet.
Ernest Jones präsidiert die Generalversammlung der DPG, in der der
Austritt der jüdischen Mitglieder beschlossen wird. 20 Mitglieder verlassen
die Gesellschaft. Von den 56 Mitgliedern (1932) sind nur 14 zurückgeblieben
(+ 8 a.o. Mitgl.). Die Gesamtzahl, der aus Deutschland fliehenden Psychoanalytiker
und Ausbildungskandidaten beträgt 90-100 Personen. Edith Jacobson wird
des Landfriedensbruchs angeklagt und der Mitgliedschaft der sozialistischen
Widerstandsgruppe ‚Neu Beginnen‘. Sie wird verhaftet. Boehm stoppt
Jones‘ Befreiungsversuche, weil er fürchtet, dass sie zum Verbot der
DPG führen könnten. Auch ein Protestschreiben von ihm selbst und Müller-Braunschweig
zieht er zurück. Jacobson kann 1938 über Prag nach New York fliehen.

1936  Die
DPG beschließt an einem von dem Reichsinnenministerium konzipierten
und ab 1939 von der Deutschen Arbeitsfront finanzierten ‘Deutschen
Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie’ unter der
Leitung von M. H. Göring zusammen mit Jungianern, Künkelanhängern
und ‚unabhängigen‘ Psychotherapeuten (z.B. I. H. Schultz u. von Hattingberg) mitzuwirken. Die
Psychoanalytiker bringen ihre Bibliothek und ihr Mobiliar (aus dem
Eitingonschen Besitz) und vor allem ihre institutionelle und fachliche
Kompetenz ein. Es wird eine „Deutsche Seelenheilkunde“ als
eklektisches Gemisch aus den verschiedenen psychotherapeutischen
Theorien entwickelt.
Liquidierung des psychoanalytischen Verlags in Leipzig.
Der von der NSDAP geforderte Austritt aus der IPV wird zunächst vollzogen,
dann, nach der entgegengesetzten Aufforderung der Partei (in Zusammenhang
mit der vorgeblichen Öffnung Deutschlands während der Olympischen Spiele),
rückgängig gemacht.

1937  Umzug
in die Budapesterstraße 19, Berlin-Tiergarten.
Käthe Dräger übernimmt die Leitung des Berliner Komitees der KPDO (Dissidentenströmung
gegen die KPD). Sie verfasst und verteilt antifaschistische Schriften
und Flugblätter und unterstützt die Familien verurteilter Genossen.

1938  Nach
der Besetzung Österreichs versucht Müller-Braunschweig für die Wiener
psychoanalytischen Einrichtungen die Treuhänderschaft als
Vertreter der DPG (für die Wiener) und als Vertreter des Deutschen
Instituts (für die Deutschen) zu übernehmen. Müller-Braunschweig
scheitert. Er und Boehm erhalten Lehr- und Publikationsverbot. Auflösung
der DPG.
Mitglieder in der DPG waren zwischen 1910 und 1938 u.a.:

Karl Abraham, Franz Alexander, Ursula Arnold (Lässig, Graf), Alice
Bálint, Gustav Bally, Franz Baumeyer, Therese Benedek, Siegfried Bernfeld,
Poul Bjerre, Felix Boehm, Berta Bornstein, Steff Bornstein, Hildegard
Buder-Schenk, Julie Cellarius, Franz Cohn, Walter Cohn, Käthe Dräger,
Max Eitingon, Tore Ekmann, Otto Fenichel, Robert Fließ, Rudolf Foerster,
Erich Fromm, Frieda Fromm-Reichmann, Else Fuchs, Angel Garma, Georg
Gerö, R. Gerstein, Gertrud Goebel, Gustav Hans Graber, Georg Groddeck,
Alfred Groß, Martin Grotjahn, Hermann Gundert, Erich Haas, Irene Haenel-Guttmann,
Jenö Hárnik, Karl-Maria Herold, Jakob Hoffmann, Karen Horney, Edith
Jacobson (Jacobsohn, Jakobsohn), Otto Juliusburger, Maria Kalau vom
Hofe, Bernhard Kamm, Werner Kemper, Salomea Kempner, Melanie Klein,
Walter Kluge, Heinrich Koerber, Erwin Kohn, Erich Kraft, Hans Lampl,
Jeanne Lampl de Groot, Karl Landauer, Johannes Landmark, Barbara Lantos-Schneider,
Max Levy-Suhl, Lotte Liebeck-Kirschner, Hans Liebermann, Friedrich
Loofs, van de Linde, Rudolf Löwenstein, Fanny Lowztky, Hans March,
Johannes Marcinowski, Heinrich Meng, Alexander Mette, Josine Müller,
Ada Müller-Braunschweig (Schott), Carl Müller-Braunschweig, Arthur
Muthmann, Nachmansohn, Elisabeth Naef, Sándor Radó, Ola Raknes, Hermann
Ranft, Anni Reich, Wilhelm Reich, Theodor Reik, Van A. W. Renterghem,
Ewald Roellenbleck, Wilhelm Rohr, Hanns Sachs, Ilja Schalit, Gerhard
Scheunert, Walter Schmideberg, Felix Schottlaender, Harald Schultz-Hencke,
Margarete Seiff, Ernst Simmel, Simon, Emil Simonson, Anna Smeliansky,
René Spitz, Hugo Staub, August Stegmann, Margarethe Stegmann, Wilhelm
Stockmayer, Helene Stöcker, Eckhardt von Sydow, Else Voigtländer, Ulrich
Vollrath, Georg Wanke, August Watermann, Herbert Weigel, Edith Weigert-Vowinkel,
M. Weißfeld, Marie-Luise Werner, Franziska von Wimmersperg, Gerhard
Witt, W. Wittenberg, Mosche Wulff.

Nach der Auflösung der DPG arbeiten die in Deutschland verbliebenen
Psychoanalytiker am Deutschen Institut als ‚Arbeitsgruppe A‘ weiter.

1939  Umzug
in die Budapesterstraße 29, Berlin-Tiergarten.

1940  Umzug
in die Keithstraße 41, Berlin-Tiergarten.

1942  Nach
Ablauf des Vertrags mit der Deutschen Arbeitsfront, Finanzierung
des ‘Deutschen Instituts‘ (DI) im wesentlichen durch das Luftwaffenministerium
und den Reichsforschungsrat. Ernennung zum ‘Reichsinstitut im Reichsforschungsrat‘ mit ‘kriegswichtigen‘ Funktionen.
Von den 103 ärztlichen Mitgliedern des DI (davon 17 DPG/WPV-Mitglieder)
gehörten 41 der NSDAP an; unter den 145 nichtärztlichen Mitgliedern
(davon 25 DPG/WPV-Mitglieder) befanden sich 22 Parteimitglieder.
Obwohl sich die meisten der in Deutschland verbliebenen DPG-Mitglieder
dem NS-Regime angepasst hatten, war nur der Arzt G. Scheunert
Mitglied der NSDAP (laut Kartei des „Reichsinstituts“).
Zweigstellen existieren in Düsseldorf, Wuppertal, Stuttgart, München
und später in Wien.

1942/43   Verhaftung
und Hinrichtung von John Rittmeister, Leiter der Poliklinik, als
Mitglied der Widerstandsgruppe um H. Schultze-Boysen (sog. ‚Rote
Kapelle‘).
Umbenennung der ‚Arbeitsgruppe A‘ in ‚Referentenkreis für Kasuistik
und Therapie‘.

1945  Da
Göring der SS Unterschlupf im Institut gewährt,
brennen die Russen es nieder und verhaften Göring.
Schultz-Hencke und Kemper beginnen unmittelbar nach Kriegsende Verhandlungen
zur Reorganisation der Psychotherapie nach dem Vorbild des „Reichsinstituts“ zu
führen.
Gründung des ‘Instituts für Psychopathologie und Psychotherapie‘ von
Schultz-Hencke und Kemper. In München wird ein „Institut für psychologischen
Forschung und Psychotherapie“ gegründet (von Scherke und Steger), das
dem Berliner Institut die Rechtsnachfolge (und die finanziellen Mittel)
streitig macht.
(16.10 45) Wiedergründung der DPG nach der Satzung von 1931 als „Berliner
Psychoanalytische Gesellschaft“ (BPG) - das Alliiertenrecht ließ die
Bezeichnung „Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft“ nicht zu - mit
C. Müller-Braunschweig als erstem Vorsitzenden, F. Boehm
seinem Vertreter und W. Kemper als 3. Vorstandsmitglied.
Mitglieder bei der Wiedergründung
der DPG waren:

Elli Achelis-Lehbert, August Aichhorn, Franz Baumeyer, Felix Boehm,
Ina Böhlendorf, Hildegard Buder-Schenck, Julie Cellarius, Käthe Dräger,
Tore Ekmann, Gertrud Fuhge, Adelheid Fuchs-Kamp, Gertrud Goebel, Hermann
Gundert, Maria Kalau vom Hofe, Ingeborg Kath, Werner Kemper, Ursula
Laessig-Arnold, Hans March, Alexander Mette, Ada Müller-Braunschweig,
Carl Müller-Braunschweig, Arthur Muthmann, Astrid Ortner, Hermann Ranft,
Fritz Riemann, Ewald Roellen­bleck, Gerhard Scheunert, Hans Schneider,
Felix Schottlaender, Harald Schultz-Hencke, Margarete Seiff, Anni Staudte,
Margarete Steinbach, Erich Tiling, Ulrich Vollrath, Herbert Weigel,
Edith Weigert-Vowinkel, Marie-Luise Werner, Franziska vom Wimmersperg,
Heinz Wiegmann.

Die DPG hatte 35 ordentliche und 2 a. o. Mitglieder. 12 von
ihnen waren zwischen 1936 und 1945 ausgebildet worden.
Von den Mitgliedern sind noch 19 in Berlin, die übrigen leben außerhalb.
Gründung der „Neoanalytischen Vereinigung“ von Schultz-Hencke.

1946  Überleitung
des ‘Instituts für Psychopathologie und Psychotherapie‘ in das ‘Zentralinstitut
für psychogene Erkrankungen der Krankenversicherungsanstalt Berlin
(VAB, später AOK)‘ mit Schwerpunkt auf poliklinischer Tätigkeit.
(29.04.) Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit (als „Berliner Psychoanalytische
Gesellschaft“ , bis zum 3.12.1950) mit der durch die Britische
Militärverwaltung verfügten Auflage, den Zusatz „Zweigvereinigung
der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung“ zu streichen.
(09.05.) Gründung des „Dozentenausschusses“ von Kemper zur Interessenvertretung
aller psychotherapeutischer Richtungen.

1947  Gründung
des ‘Instituts für Psychotherapie‘ durch Kemper. Vertreten sind:
Neoanalytiker, Freudianer und Jungianer. Erste Lehrveranstaltungen
werden abgehalten.
Alexander Mitscherlich gründet die ‚Psyche‘, ein ‚Jahrbuch für Tiefenpsychologie
und Menschenkunde in Forschung und Praxis‘.
Am Berliner Institut für Psychotherapie beginnen Auseinandersetzungen zwischen Müller-Braunschweig, der sich für die Freudsche
Psychoanalyse einsetzt und Schultz-Hencke, der sich als Überwinder
der (klassischen) Psychoanalyse versteht.
Gründung der ‘Studiengesellschaft für Praktische Psychologie‘ (mit
Schulte, Kühnel, Kemper, Störring, Hiesche und Dogs). Die Gesellschaft
versteht sich als interdisziplinärer Verband.
‘Neuordnung der Psychotherapie‘ (auf Initiative der Westdeutschen Ärztekammer).

1948  Gerhard
Scheunert und Franz Baumeyer kommen aus der Sowjetisch besetzten
Zone nach Berlin.
Das Institut für Psychotherapie bietet eine Psychagogenausbildung (Erziehungsbetreuer,
heute Kinder- und Jugendlichentherapeuten) an.
Gründung der ‘Arbeitsgemeinschaft für Ärztliche Psychotherapie’ innerhalb
der Studiengesellschaft für Praktische Psychologie. Psychotherapie
soll grundsätzlich Ärzten vorbehalten bleiben, nichtärztliche Psychotherapeuten
sollen die Ausnahme sein.
In Stuttgart wird das „Institut für Psychotherapie und Tiefenpsychologie“ mit
dem Konzept der Synopse aller tiefenpsychologischer Richtungen von
Bitter, Gundert u. Schottlaender gegründet.
In Heidelberg etabliert sich A. Mitscherlich in der psychosomatischen Abteilung.

1949  16.
Kongress der International Psychoanalytical Association (früher Internationale
Psychoanalytische Vereinigung) in Zürich. Die öffentliche Kontroverse
zwischen Müller-Braunschweig und Schultz-Hencke führt dazu, dass
die DPG nur vorläufig in die IPV aufgenommen wird, mit der Auflage,
ihre Position zu klären.
Die ‘Deutsche Gesellschaft für (Psychoanalyse,) Psychotherapie, (Psychosomatik)
und Tiefenpsychologie’ (heute: DGPT) wird als Dachorganisation für
alle tiefenpsychologischen Richtungen (DPG, später DPV, Jungianer und
Adlerianer) mit berufspolitischer Orientierung von Wilhelm Bitter gegründet.
Durch Quotierung der Ausbildung (auf 2 ärztliche Kandidaten kommt ein
nichtärztlicher) sollen langfristig ausreichend ärztliche Psychotherapeuten
zur Verfügung stehen. Nichtärztliche Psychotherapeuten sollten damit
entbehrlich gemacht werden.
Müller-Braunschweig gründet die ‚Zeitschrift für Psychoanalyse‘. Nach
Heft 2 muss ihr Erscheinen aus finanziellen Gründen eingestellt werden.
Nach einer Woche gibt Schultz-Hencke
seine Professur an der Humboldt Universität zurück, da sich die DPG
gegen seine Doppelfunktion als Vorsitzender des Instituts für Psychotherapie
im Westen und Professor im Ostteil der Stadt ausspricht.
Mit der Gründung der DDR wird der Osten Deutschlands von einer systematischen
psychoanalytischen Ausbildung abgeschnitten. Bis 1961 kommen einzelne
Kandidaten unter großen materiellen Opfern zur Ausbildung, ohne sie
abzuschließen. Inhaltlich bestimmen Schultz-Hencke und seine Anhänger
Schwidder, Derbolowsky und Kühnel das Psychoanalyseverständnis.
Außerhalb Berlins entstehen weitere Arbeitsgruppen und stationäre psychotherapeutische
Einrichtungen in Tübingen, Frankfurt, Düsseldorf und später in allen
größeren Städten der Bundesrepublik.

1950  Das
Alliiertenrecht lässt die Bezeichnung „Deutsche Psychoanalytische
Gesellschaft“ (DPG) wieder zu.
(13.05.) Heimliche Gründung der Deutschen
Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) unter Müller-Braunschweig mit
March, Scheunert, Dräger, Kath und Steinbach. Die übrigen DPG-Mitglieder
sind empört über das Vorgehen ihres Vorsitzenden und wählen Boehm als
neuen DPG-Vorsitzenden. Schultz-Henckes Lehre steht nun im Mittelpunkt
der DPG.

1951  Aufnahme
der DPV in die IPV auf dem 17. IPV-Kongress in Amsterdam und Löschung
der provisorischen Mitgliedschaft der DPG. Heinz Hartmann, IPV-Präsident,
lässt die Möglichkeit durchblicken, die IPV-Mitgliedschaft der DPG
nach entsprechender Prüfung erneut zu verhandeln. Anna Freud unterstützt
dieses Vorgehen.
In Bremen gründen Schulte u. Haarstrick ein psychoanalytisches Institut.
In Göttingen entsteht im Landeskrankenhaus Tiefenbrunn mit Kühnel u.
Schwidder ein psychoanalytischer Schwerpunkt im stationären Bereich.

1952  Schultz-Hencke
stirbt überraschend.

1958  Tod
von Boehm und Müller-Braunschweig.

 

Quelle:

Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft

http://www.dpg-psa.de/in_ge_chron.htm

Stand 31.5.2013


Redaktion CD, 31.5.2013