Edwin Hollerung

25.03.1847
28.06.1921

Von Edwin Hollerung ist wenig bekannt.
In den Protokollen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, die

Hermann Nunberg und Ernst Federn herausgegeben haten, findet sich über

ihn an biographischen Angaben  nur:

„Dr. Edwin Hollerung diente als Arzt in der Österreichisch-Ungarischen Armee.“ (Band I, 1976, XXXVI)

Chronologie:

 
Am 25. März 1847 in Modor im Bezrik Pressburg (heute Slowakei,

damals Ungarn) geboren.
Sein Religionsbekenntnis ist  bei Mühlleitner

(1992, 159) mit evangelisch angegegeben.

„Als Angehöriger des höheren Lehrkurses auf der k.k.

medizinisch-chrirurgischen Josefs Akademie wurde er 1871 zum Doktor der

gesamten Heilunde promoviert. Er war Militärarzt in verschiedenen

Garnisonsspitälern, vor allem aber im Bereich der Ausbildung tätig, so

zum Beispiel ab 1883 als Professor in der Kadettenschule Graz-Liebenau,

1887 in der k.k. Militär-Oberrealschule in Mährisch-Weisskirchen und

danach in Preßburg. Ab 1899 war er Garnisonschefarzt in Tarnow. Ab 1902

war er beurlaubt und 1904 wurde er in den Ruhestand versetzt.“

(Mühlleitner 1992, 159)

1887 Ehe mit Gabriele Tischinger-Raude.
1902-1909 Hollerung lebt2 in Wien, danach in Graz.

Mitglied der Mittwoch-Gesellschaft - WPV bis 1914:
WS 1903/1904, SS 1904, WS 1904‘/1905: Hörer der  Vorlesungen Freuds.
Hollerung gehörte der Mittwoch-Gesellschaft schon vor 1906/1907 an, damals wurden die Sitzungen noch nicht protokolliert.

„Der ältetse Hörer Freuds war der 57jährige Oberstabsarzt des österreichischen Heeres, Dr. Hollerung. Er gehört zur Kategorie älterer Ärzte, die schon lange im Beruf stehend, im vorgerückten Alter plötzlich Interesse für ein bestimmtes Fach (in diesem Falle Psychiatrie) bekundeten und dann sämtliche überhaupt statfindenden Kollegien dieses Spezialfaches, oft 7-8 pro Semester, bei sämtlichen Fachvertretern blegeten“ (Gickelhorn, 1960, 179).

Am 14. November 1906 referierte „Oberstabsarzt Hollerung“, wie er in den Protokollen angeführt wurde, zu:
„Mneme als erhaltendes Prinzip des Wechsels des organischen Geschehens“ von Richard Semon. Leipzig, Wilhelm Engelmann 1904. Zu seinem Vortrag findet sich in den Protokollen nur der Hinweis:

„Mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich bei der kurzen Wiedergabe von Semons System darbietet, wird auf das Buch selbst verwiesen.“ (Nunberg, Federn 1976, 47)

Aus der Diskussion ist zu entnehmen, dass es sich bei Semons Arbeit um die Frage der Vererbung erworbener Eigenschaften handelt, was Semon abzulehnen scheint. Freud hält Semon für einen Pseudowissenschaftler, nennt den geistreichen und kritischen Hering (1834-1918, deutscher Physiologe) als Ausgangspunkt für Semons Ideen. Aber: „Das Recht, neue Namen zu geben, stehe doch nur dem zu, der neue Dinge zu sagen hat.“ (Freud, zitiert in den Protokollen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Nunberg, Federn, 1976, 49) Semon scheitere an dem Versuch, Periodizität und Gedächnis zusammenzubringen, kritisierte Freud weiter.
„Hollerung berichtigte schließlich noch, daß Semon eigentlich auch auf dem Standpunkt Darwins steht.“ (s.o. 49)

Am 20. Oktober 1909 referierte Hollerung noch einmal in der WPV: „Erfahren und Erleben. Oberstabsarzt Dr. E. Hollerung“ (Nunberg Federn, Band II, 1977, 231)
1908 Teilnahme am 1. Internationalen Psychoanalytischen Kongress Salzburg.
1911 Teilnehm am 3. Internantionalen Psychoanalytischen Kongress in Weimar.
„Im Verlauf des Jahres 1914 gab Edwin Hollerung seine Mitgliedschaft in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung auf.“ (Mühlleitner, 1992, 159)
In den Protokollen findet sich dazu kein hinweis. 1914 ist Hollerung in keiner Anwesenheitsliste erwähnt. Es ist das Jahr des Beginns des WK I, die Sitzungen finden danach nicht mehr wöchtlich statt, die Protokolle sind nicht mehr ausführlich dokumentiert.

Am 28.6.1921 verstarb Edwin Hollerung in Graz.

Bibliografie:

Hollerung, Edwin (1890): Die Medianschrift. eine ärztliche Studie über den Sitz, das Schreiben und die Schrift in den Schulen. Wien.
Hollerung, Edwin (1906): Die Anwendung des Kausalitätsprinzips in den medizinischen wissenschaften. Wiener Medizinische Wochenschrift. 1906, 35, 1724-1729; 36, 1778-1781.
Hollerung, Ewin (1906): „Mneme als erhaltendes Prinzip des Wechsels des organischen Geschehens“ von Richard Semon. Vortrag in der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft am 14.11.1906. Zusammenfassung siehe Nunberg, Federn 1976, 47f.
Hollerung, Edwin (1910): Erfahren und Erleben. Vortrag in der Gesellschaft für Psychologie in Wien am 22.10.1909. Graz 1910.

 

Quellen, Sekundärliteratur:

Gickelhorn, Josef; Gickelhorn Renée (1960): Sigmund Freud-Akademische Laufbahn im Lichte der Dokumente. Wien, Innsbruck: Urban und Schwarzenberg

Hering, Edwald (1870): „Über das Gedächnis als eine allgemeines Funkion der organisierten Materie“. Wien 1870.
Mühlleitner, Elke (1992): Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die

Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft der Wiener

Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Tübingen: diskord.

Nunberg, Hermann und Federn, Ernst (Hg.) (1976): Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Band I 1906-1908. Frankfurt/M: Fischer.
Semon, Richard (1904): Mneme als erhaltendes Prinzip des Wechsels des organischen Geschehens. Leipzig: Wilhelm Engelmann.

 

Text: Christine Diercks, 7.6.2010

 

Besucher der Vorlesungen Freuds, Mitglied der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft schon vor dem WS 1906/07. Zieht sich im Laufe des Jahres 1914 aus der WPV (67jährig) zurück.