
Otto Rank
geb. Rosefeld * 22.04.1884, Wien – † 31.10.1939, New York
Enger Mitarbeiter Freuds, Sekretär der WPV, protokollierte in dieser Funktion ab 1906 die Sitzungen der „Mittwoch-Gesellschaft“ bei Freud, bedeutende psychoanalytische Arbeiten über mythologische und literarische Themen sowie über „Das Trauma der Geburt“, übte starken Einfluss auf die Gründer anderer Psychotherapieschulen aus. Begründer der Casework-Schule, die die Therapie zeitlich begrenzte.
1884 am 22.4. in Wien als Sohn des jüdischen Kusnthandwerkes Simon Rosenfeld und seiner Frau Karoline geboren.
Absolvierte die Staatsgewerbeschule.
1905, nach seiner Lektüre „Traumdeutung“, wurde er von seinem Hausarzt, Alfred Adler, Freud vorgestellt und wird bald darauf Sekretär der Mittwochgesellschaft, deren Zusammenkünfte er protokollierte (Originale sind im Archiv der WPV, heruasgegeben von Nunberg/Federn, 1962).
„Eines Tages führte sich ein absolvierter Gewerbeschüler durch ein Manuskript bei uns ein, welches außerordentliches Verständnis verriet. Wir bewogen ihn, die Gymnasialstudien nachzuholen, die Universität zu besuchen und sich den nichtärztlichen Anwendungen der Psychoanalyse zu widmen. Der kleine Verein erwarb so einen eifrigen und verläßlichen Sekretär, ich gewann an Otto Rank den treuesten Helfer und Mitarbeiter“, schreibt Freud 1914 in „Zur Geschichte der Psychoanalytischen Bewegung“ (Freud, 1914d, 63).
1908 Studium der Germanistik.
1912 Promition zum Doktor der Philosophie (Die Lohengrin Sage).
Bis 1919 lag sein Arbeitsschwerpunkt auf den Anwendung der Psychoanalyse: Literatur und den Mythos: Der Mythus von der Geburt des Helden (1909), Ein Beitrag zum Narcissismus (1911a), Die Lohengrinsage (1911b), Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage (1912), Psychoanalytische Beiträge zur Mythenforschung (1919). Sein besonderes Interesse galt dabei demInzest-Motiv.
Ab 1919 begann Rank auch selber Psychoanalyse durchzuführen.
1912-1924 Redakteur der „Imago“ und der „Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse“.
Mitglieder des Geheimen Komitees (siehe dazu Wittenberger, 1995).
Während des I. Weltkrieges Herausgeber der „Krakauer Zeitung“, lernt in Krakau die Psychologiestudentin Beate Mincer/Münzer (geboren 1896 in Neusandetz, Polen, gestorben 1967 in Cambridge, USA).
1918 Ehe mit Beate Mincer, Das Paar ließ sich in Wien nieder.
1919-1924 Leiter des Internationalen Psychoanalytischen Verlags.
1922 Obmann-Stellvertreter der WPV
1921-1924 Alleinherausgeber der „Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse“.
1924 Reise in die USA:
„Dr. Otto Rank begab sich Ende April nach New York, wo er einige Monate zu bleiben gedenkt. Bis jetzt wurde Dr. Rank eingeladen, folgende Vorträge zu halten:
Am 6. Mai in der „Academy of Medicine“, in der „Neurological Society“ über die Psychoanalyse des Organischen. Es waren etwa 150 Zuhörer anwesend. An der Diskussion nahmen folgende Redner teil: Dr. Brill, Dr. Ames, Dr. Clark, Dr. Jelliffe, Dr. Kempf, Dr. Meyer, Dr. Polon, Dr. Stragnell, Dr. Oberndorf, Dr. Stern, Dr. Rank.
Am 13. Mai ebenda in der „Section of Neurology and Psychiatry“ über PsA. und Psychiatrie, ebenfalls mit Diskussion (Dr. Oberndorf, Dr. Kardiner, Dr. Polon, Dr. Jelliffe, Dr. Rosett, Dr. Stragnell, Dr. Rank).
Am 26. Mai in der „Soziolog. Gesellschaft der Columbia University“ über PsA. und Soziologie.
Am 27. Mai in „New York Psychoanalytic Society“ über das Wesen der psa. Therapie.
Am 3. Juni auf dem Amerikanischen Psychoanalytiker-Kongreß in Atlantic City über das Trauma der Geburt.
Am 28. Juni auf dem Kongreß des „National Committee of Mental Hygiene“ in Toronto (Kanada) über „Soziale Gesichtspunkte der PsA.“ (IZP, X, 1924, 210)
In Paris Analytiker von Henry Miller und Anaïs Nin, Vorträge an der Sorbonne.
Mehrere Reisen in die USA, wo er an den Universitäten von Harvard, Yale, Stanford und Pennsylvania unterrichtete.
1935 ließ er sich in New York nieder, eröffnete eine psychoanalytische Praxis und lehrte an der Graduate School of Jewish Social Work.
Redaktion und Text: Christine Diercks 2010, 2013
Rank, Otto (1911a): Ein Beitrag zum Narcissmus. Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen, 1911, Vol 3, 401-426.
Rank, Otto (1911b): Die Lohengrinsage. Ein Beitrag zur ihrer Motivgestaltung und Deutung. Leipzig und Wien. (Schriften zur angewandten Seelenkunde, Heft 13)
Rank, Otto (1912): Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage. Leipzig und Wien. 2., verb. Aufl. Leipzig und Wien: Deuticke 1926.
Rank, Otto (1924): Das Trauma der Geburt und seine Bedeutung für die Psychoanalyse. Wien. Neuausgabe: Frankfurt/Main: Fischer 1988.
Rank, Otto (1941): Beyond Psychology. New Jersey. Neuaufl. New York 1958.
Englischsprachige Publikationen:
Rank, Otto
(1907) The Artist
(1909) The Myth of the Birth of the Hero (Johns Hopkins, 2004, ISBN 0-8018-7883-7)
(1911) The Lohengrin Saga
(1912) The Incest Theme in Literature and Legend (Johns Hopkins, 1991, ISBN 0-8018-4176-3)
(1913) The Significance of Psychoanalysis for the Human Sciences
(1914) The Interpretation of Dreams eds. 4-7: „Dreams and Poetry“; „Dreams and Myth“ added to Ch. VI, „The Dream-Work.“ In Dreaming by the Book L. Marinelli and A. Mayer, Other, 2003. ISBN 1-59051-009-7
1924) The Trauma of Birth, 1929 (Dover, 1994, ISBN 0-486-27974-X)
(1924) The Development of Psychoanalysis / Developmental Goals of Psychoanalysis
(1925) The Double (Karnac, 1989, ISBN 0-946439-58-3)
(1929) Truth and Reality (Norton, 1978, ISBN 0-393-00899-1)
(1930) Will Therapy, 1929–31 (First published in English in 1936;reprinted in paperback by Norton, 1978, ISBN 0-393-00898-3)
(1930) Psychology and the Soul (Johns Hopkins, 2003, ISBN 0-8018-7237-5)
(1932) Art and Artist (Norton, 1989, ISBN 0-393-30574-0)
(1933) Modern Education
(1941) Beyond Psychology (Dover, 1966, ISBN 0-486-20485-5)
(1996) A Psychology of Difference: The American Lectures [talks given 1924–1938; edited and with an introductory essay by Robert Kramer (Princeton, 1996, ISBN 0-691-04470-8)
Chrzanowski, Gerard (1977). Das psychoanalytische Werk von Karen Horney, Harry Stack Sullivan und Erich Fromm. In: Dieter Eicke (Hg.): Tiefenpsychologie. Band 3: Die Nachfolger Freuds. Weinheim und Basel: Beltz, 1982, 346-380.
Eagle, Morris N. (1988): Neuere Entwicklungen in der Psychoanalyse. Eine kritische Würdigung. München, Wien: Verlag Internationale Psychoanalyse.
Falzeder, Ernst (1992): Interpersonelle Psychoanalyse (Neo-Psychoanalyse). Unveröffentlichtes Manuskript.
Freud, Sigmund (1895b [1894]): Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptomkomplex als „Angstneurose“ abzutrennen. In: Studienausgabe VI. Frankfurt/Main: S. Fischer 1982, 25-49.
Freud, Sigmund (1898a): Die Sexualität in der Ätiologie der Neurosen. In: Studienausgabe V. Frankfurt/Main: S. Fischer 1982, 11-35.
Freud, Sigmund (1914g): Weitere Ratschläge zur Technik der Psychoanalyse: II. Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten. In: Studienausgabe, Ergänzungsband. Frankfurt/Main: S. Fischer 1982, 205-215.
Freud, Sigmund (1926d [1925]): Hemmung, Symptom und Angst. In: Studienausgabe VI. Frankfurt/Main: S. Fischer 1982, 227-310.
Jones, Ernest (1940): Otto Rank. IJP 21, 112-113.
Jones, Ernest (1953): Sigmund Freud: Leben und Werk. Band 1. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1984.
Jones, Ernest (1955): Sigmund Freud: Leben und Werk. Band 2. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1984.
Jones, Ernest (1957): Sigmund Freud: Leben und Werk. Band 3. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1984.
Leitner, Marina (1995). Der Konflikt zwischen Sigmund Freud und Otto Rank. Ein Schlüsselkonflikt für die Entwicklung der Psychotherapie des 20. Jahrhunderts. Diplomarbeit. Universität Salzburg.
Leitner, Marina (1998): Freud, Rank und die Folgen. Ein Schlüsselkonflikt. Wien: Turia + Kant.
Leitner, M. (1997): Too Rankian for the Freudians, or too Freudian for the Rankians: Otto Rank’s Contributions to Psychoanalysis in the 1920s. J. Amer. Acad. Psychoanal. 25, 37-70.
Menaker, Esther (1982). Otto Rank. A Rediscovered Legacy. New York: Columbia University Press.
Mertens, Wolfgang (1991). Einführung in die psychoanalytische Therapie. Band 3. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer.
Oberlehner, Franz (2009): „Entwicklungsziele der Psychoanalyse“ - Ein vergessenes Werk am Scheideweg. In: Diercks, Christine/Schlüter, Sabine (Hg.) (2009): post Freud - post Klein. Sigmund-Freud-Vorlesungen 2008. Wien: Mandelbaum.
Roazen, Paul (1976): Sigmund Freud und sein Kreis. Eine biographische Geschichte der Psychoanalyse. Bergisch Gladbach: Lübbe.
Rudnitzky, Peter L. (1991): The Psychoanalytic Vocation. Rank, Winnicott, and the Legacy of Freud. New Haven, London: Yale University Press.
Wittenberger, Gerhard (1995): Das „Geheime Komitee“ Sigmund Freuds. Institutionalisierungsprozesse in der „Psychoanalytischen Bewegung“ zwischen 1912 und 1927. Tübingen: Edition diskord.
Links:
http://en.wikipedia.org/wiki/Otto_Rank
http://www.werkblatt.at/archiv/38Leitner.html
Redaktion und Text: Christine Diercks 2010, 2013