Claude Lévi-Strauss – Chronologie

Geboren am 28. November 1908 in Brüssel, Sohn von Raymond und Emma Lévi-Strauss. Er entstammt einem intellektuellen, künstlerischen, jüdischen Elternhaus, sein Vater war Porträtmaler und ging im Gefolge des Aufkommens der Fotografie in Konkurs.
Sein Urgroßvater war Isaac Strauss, Dirigent am Hof von Louis-Philippe und Napoleon III.
Während des Ersten Weltkriegs lebte er bei seinem Großvater (Rabbiner der Synagoge in Versailles).
Nach WK I zogen die Eltern mit ihm nach Paris.
Besuch des Lycée Janson de Sailly und des Lycée Condorcet.
Am Ende der Schulzeit begann er sich für Karl Marx zu interessieren und engagierte er sich bei den Sozialisten (Groupe d’Études Socialistes)
Studium an der Sorbonne (Rechtswissenschaften und Philosophie).
1931 Agrégation in Philosophie, juristisches Lizentiat, Docteur des lettres.
1932-1934 Unterricht Gymnasien in Mont-de-Marsan und in Laon.
1935-1938 im Rahmen einer französischen Kulturmission als Gastprofessor für Soziologie an der Universität von São Paulo.
Verheiratet in erster Ehe mit der Ethnologin Dina Dreyfus, die zeitgleich mit ihm in Brasilien Gastprofessorin für Ethnologie war.
1935-1939 Ethnografische Forschungsreisen des Ehepaares in den Mato Grosso und ins Amazonasgebiet.
Ausstellung im Pariser Musée de l’Homme: „Expédition Dina et Claude Lévi-Strauss“.
Vor WK II Rückkehr nach Frankreich.
1939-1940 Freiwilliger Militärdienst (Maginot Linie). Entlassung in Folge der Rassengesetze des Vichy-Regimes.
Flucht über Umwegen mit dem Schiff nach New York, Ankunft im Frühjahr 1941.
1942-1945 Unterricht im französischen Flügel der New School for Social Research in New York, die vonder Rockefeller-Stiftung finanziert wurde. Wegen der gleichnamigen Levi-Strauss-Jeans kürzte er seinen Namen zu L.-Strauss ab.
Dort wurde er mit Roman Jakobson bekannt, dem Vertreter einer strukturalistischen Linguistik.
1942 Gemeinsam mit Henri Focillon, Jacques Maritain und einigen anderen Gründung der École libre des hautes études de New York, einer Art Exiluniversität.
1944 Vom französischen Außenministerium (Ministère des affaires étrangères) nach Frankreich zurückgerufen.
Honorarprofessor am Collège de France.
1945 Als Kulturberater der französischen Botschaft erneut nach New York geschickt.
1948 Kündigung, Fortsetzung seiner Forschungen, Subdirektor des Musée de l’Homme in Paris. 
1949 Reise nach Ostpakistan.
Danach bis 1974 Direktor der École pratique des hautes études (Lehrstuhl für Vergleichenden Religionswissenschaften).

1949 „Structures élémentaires de la parenté“

Diese Analyse von Verwandtschaftssystemen begründete den französischen Strukturalismus und wurde Inspirationsquelle für eine ganze Generation von Philosophen.
Die Erklärungen für die Errichtung des Inzesttabus waren umstritten. In ihm den Übergang von Natur zu Kultur verortend  sah er in jeder Heirat „eine dramatische Begegnung zwischen der Natur und der Kultur, zwischen der Allianz und der Verwandtschaft“. Die Heirat sei die „Schlichtung zwischen zwei Lieben: der elterlichen Liebe und der ehelichen Liebe“. (Levi Strauss 1981, 653).
Das Inzestverbot sei entstanden, damit „die biologische Familie nicht mehr allein ist und sich mit anderen Familien verschwägern muss, um zu überleben“. (ebd., 648) Ein durch Heiratsregeln (Gebote, Verbote) gesteuertes Tauschsystem ersetzt natürliche Verwandtschaften durch soziale Allianz mittels reziproker Verpflichtung.
Das Inzestverbot hatte für ihn weder einen rein kulturellen noch einen rein natürlichen Ursprung. 
„Es ist der grundlegende Schritt, dank dem, durch den und vor allem in dem sich der Übergang von der Natur zur Kultur vollzieht. In gewissem Sinn gehört das Inzestverbot der Natur an, denn es ist eine allgemeine Voraussetzung der Kultur; daher dürfen wir uns nicht wundern, daß es seinen formalen Charakter, die Universalität, von der Natur bezieht. Doch in einem anderen Sinn ist es bereits Kultur, da es auf Phänomene, die nicht in erster Linie von ihm abhängen, einwirkt und ihnen seine Regeln aufzwingt.“ (Levi-Strauss, 1949, Dt: 1981, S. 73, Übersetzung leicht verändert zitiert nach Roudinesco 1996, 317)
In elementaren Strukturen gibt es eine Bestimmung für die Wahl des Ehepartner, die analog zu denen der Vorfahren zu erfolgen hatte.
In komplexen Strukturen, wie in unseren westlichen Gesellschaften, hat man innerhalb der Grenzen, die das Verbot zeiht, freie Wahl.
 

1955 Reisebericht „Traurige Tropen“ (strukturalistisches Programm und Kritik westlicher Zivilisation aus der Perspektive der „Wilden“ – der Westen habe „zwanzigtausend Jahre Geschichte verspielt“).

1958 „Strukturale Anthropologie“ („Anthropologie Structurale“)

Seine Zielsetzung war, durch Analyse kultureller Phänomene die Strukturen menschlichen Denkens zu verstehen und daraus universale Prinzipien abzuleiten. Lévi-Strauss übertrug linguistische Konzepte auf die Ethnologie und stellte die These auf, dass die Kultur sich wie die Sprache verhalte, nur ein Außenstehender könne die ihr zugrunde liegenden Regeln und Strukturen erkennen und interpretieren.
 

1959-1982 Professor für Sozialanthropologie am Collège de France.

1962 „Das wilde Denken“ (pensée sauvage).

Die Denkweisen indigener, naturangepasster Kulturen beruhen auf traditionell ganzheitlichen und mythischen Weltanschauungen, sie sind nach Levi-Strauss unserem Denke nicht unterlegen sondern anders, die Strukturen des menschlichen Denkens seien universell und uniform.
Er unterschied zwischen kalten und heißen Kulturen (Veränderung traditioneller Strukturen soll verhindert werden versus Streben nach Innovation, Fortschritt und Veränderung).
 

Vierbändige „Mythologiques“:

„Das Rohe und das Gekochte“ (1964)
„Vom Honig zur Asche“ (1967)
„Der Ursprung von Tischsitten“ (1968)
„Der nackte Mensch“ (1971)
  1964 „Das Rohe und das Gekochte“ (Mythologiques, Band I, Le cru et le cuit) Mit der strukturalen Analyse erforschte er auch die Mythen primitiver Gesellschaften, die wiederum nach Modellen anderer Mythen gebaut sind, und diesen Modellen liegt eine gemeinsame Struktur zugrunde. Mythen sind Produkt ihrer Kultur und repräsentieren die Denkgesetze ihrer Kultur, sind aber ihrerseits wieder durch Struktur und Wirkungsweise des menschlichen Gehirns bestimmt. Die Mythen Nord- und Südamerikas vergleichend suchte er nach einer ihnen gemeinsamen inneren Struktur.
 

1973 Mitglied der Académie française, Erasmuspreis
1982 Pensionierung
Danach Veröffentlichung von:
„Der Blick aus der Ferne“ (1983); „Eingelöste Versprechen“ (1984); „Die eifersüchtige Töpferin“ (1985); „Luchsgeschichte“ (1991); „Sehen Hören Lesen“ (1993).

Verstorben am 30. Oktober 2009 in Paris
Begraben auf dem Friedhof der Gemeinde Lignerolles im Département Côte-d’Or (Burgund)

Ehrungen,  Preise
Grand-croix de la Légion d’honneur
Commandeur de l’ordre national du Mérite
Commandeur des Arts et des Lettres
Commandeur des Palmes académiques
Commandeur de l’ordre de la Couronne de Belgique
Commandeur de l’ordre national de la Croix du Sud du Brésil
Étoile d’or et d’argent de l’ordre du Soleil levant
Grand-croix de l’ordre du Mérite scientifique du Brésil
Professeur au Collège de France
1966 Viking Fund Award der Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research
1967 Médaille d’or du CNRS
1973 Erasmuspreis
1986 Fondation Nonino
1996 Aby-M.-Warburg-Preis der Stadt Hamburg
2003 Meister-Eckhart-Preis

Ehrendoktorate
Brüssel
University of Oxford
Universität von Chicago
University of Stirling
Universität Uppsala
Montréal
Nationale Universität von Mexiko
Laval-Universität Québec
Nationaluniversität von Zaïre
Visva Bharati University in Shantiniketan
Yale University
Harvard University
Johns Hopkins University
Columbia University

Quellen:
Roudinesco 1996, 314ff)
Claude Lévi-Strauss: Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft. Paris 1948; zitiert nach: Frankfurt am Main 1981, S. 653.
http://de.wikipedia.org/wiki/Claude_L%C3%A9vi-Strauss
http://de.wikipedia.org/wiki/Inzest#L.C3.A9vi-Strauss

Redaktion: CD, 28.3.2015