David Ernst Oppenheim - Biografie: Sabine Zaufarek

Ernst David Oppenheim wurde am 20.4.1881 als Sohn von Ernestine Kaufmann und Joachim Oppenheim in Brünn (Mähren) geboren. Sein Vater war für kurze Zeit Rabbiner in Karlsbad und danach Sekretär der jüdischen Kultusgemeinde in Brünn.
Er besuchte eine fünfklassige Voksschule, ging anschließend in das 1. deutsche k. k. Staatsgymnasium und maturierte mit Auszeichnung.
Nach der Matura studierte  Oppenheim an der Wiener Universität Altphilologie und Archäologie und promovierte 1904 mit der Arbeit „Neoptolemus und Pyrrhos“.
Während seines Studiums lernte er seine Frau Amalie Pollack kennen, die Mathematik und Physik studierte und eine der ersten Frauen war, die promovieren durften. Das Paar heiratete im Dezember 1906.
Im diesem Jahr wurde er auch ein Hörer von Sigmund Freud.
Nach seinem Militärdienst unterrichtete er in Nikolsburg. Ab 1908 lehrte Oppenheim am Wiener Akademischen Gymnasium Griechisch und Latein. Während dieser Zeit schrieb er auch Aufsätze zur klassischen Mythologie.
Um 1909 schickte er Sigmund Freud eine seiner Arbeiten, die Freud sehr interessierte.

Freud schrieb am 11.11.1909 an C.G. Jung:
„Der Zufall hat mir nun jüngst einen klugen Gymnasialprofessor zugeführt, der mit ähnlichen Gedanken, aber mit einem gefüllten Schulsack mythologisch arbeitet. Er heißt auch Oppenheim, ist recht intelligent, nur macht er mir bisher den Eindruck, als ob er nicht recht geschickt wäre, etwas ihm bisher Fremdes anzunehmen. Bei der ersten Zusammenkunft habe ich von ihm erfahren, daß Ödipus ursprünglich ein phallischer Dämon gewesen sein dürfte wie die idäischen Daktylen (!), der Name heißt einfach = Erektion. Ferner, daß der Herd darum ein Symbol für den Mutter(Frauen)leib ist, weil die Alten die Flamme als einen Phallus aufgefasst haben. Die Vestalinnnen waren als richtige Nonnen mit diesem Herdphallus verheiratet und dgl. mehr. Ich versuchte, ihm die apotropädische Bedeutung des erigierten Penis aufzuklären, sah aber dabei, wie sehr sich unser Denken bereits von dem anderer Menschekinder unterscheidet.“ (Freud/Jung, 1974a [1906-13], 286f)

Kurz darauf wurde er auf Vorschlag von Freud zu den Vortragsabenden der WPV zugelassen und Mtiglied. Er hielt seinen ersten Vortrag am 16.2.1910 über „Das Feuer als Sexsymbol“, beteiligte sich an einer Diskussion über Schülerselbstmord, wobei er die Gründe dafür eher in der Familie, als in der Schule vermutete.
Gemeinsam mit Sigmund Freud verfasste er den Aufsatz „Träume im Folklore“, der nach dem Tod beider veröffentlicht wurde.
Oppenheim publizierte unter dem Pseudonym „Unus multorum“ (Der Selbstmord im kindlichen Lebensalter), weil er vermutlich als Lehrer nicht öffentlich mit der Psychoanalyse in Verbindung gebracht werden wollte.
In der Kontroverse zwischen Freud und Adler stand er auf der Seite von Adler und am 20.6.1911 unterschrieb er eine Erklärung, die das Vorgehen von Alfred Adler billigte. Aber Oppenheim wollte die Mitgliedschaft in der WPV nicht aufgeben und trat für eine Abstimmung über den Verbleib der Unterzeichner in der WPV ein.

Im Oktober 1911 trat er aus der WPV aus und wurde Gründungsmitglied des Individualpsychologischen Vereins.
1914 meldete sich Oppenheim als Freiwilliger für den Kriegsdienst, wurde zwei Mal verwundet und danach mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Nach dem Krieg trat er der Sozialdemokratischen Partei bei.
In der IZIP schrieb er Aufsätze über antike Geschichte, Philosophie, Mythologie und Literatur.
1926 verfasste er das Buch  „Dichtung und Menschkenntnis“. 1926-27 war er stellvertretender Vorsitzender der Individualpsychologen. Er betätigte sich in der Ausbildung, und hielt Vorträge an der Volkshochschule in Wien.
1930 trat er aufgrund persönlicher Kränkung aus dem IP-Verein aus.
Im Frühjahr 1938 wurde Oppenheim von den Nationalsozialisten zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Seine Töchter Cora und Doris waren schon kurz nach dem Anschluss  nach Australien geflüchtet. Er zögerte, weil er glaubte, dass er als Kriegsfreiwilliger verschont werden würde. Im Dezember 1939 organisierten seine Töchter von Australien aus seine Ausreise, die er aber krankheitshalber nicht wahrnehmen konnte. Teile seiner Bibliothek  konnte er retten, indem er sie an ihm nahe Schüler (Erwin Ringel, Friedrich Heer) übergab.
Am 21.8.1942 wurde Oppenheim gemeinsam mit seiner Frau nach Theresienstadt deportiert. Er starb dort am 18.2.1943 an einer Hyperglykämie, da er schon seit langer Zeit an einem Diabetes Mellitus litt und man ihm Insulin vorenthalten hatte.
Seine Frau überlebte und ging 1946 nach Melbourne, wohin 1938 beide Töchter Cora Singer und Doris Lifman emigriert waren.

Text: Sabine Zaufarek, 2010
Redaktion: CD, 2010