Robert Hans Jokl - Chronologie (CD)

Geboren am 4.12.1890 in Hullein (Hulín), Bezirk Kremsier (Kroměříž), Ostmähren. Religion Römisch-Katholisch, Großmutter Jüdisch
1915 Promotion in Medizin (Studium Prag und Wien)
1914 – 1918: 1. Weltkrieg: Ostfront, 1 Jahr Kriegsgefangenschaft in Monte Cassino, Italien

„In World War I, as a member of the Austro-Hungarian army, he conducted typhus research and was sent to the eastern front to clean up a cholera epidemic. He concentrated typhus fever, narrowly escaping death. Later he was captured by the Italien army and spent a year in Monte Cassino as prisoner of war.“ (27.11.1975: Nachruf Maurice N. Walsh, M.D)

1919: Auf Empfehlung Eugen Bleulers Besuch bei Sigmund Freud
1921 Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Mitglied in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung
„When returning to civilian life at the end of the war, he visited Sigmund Freud in Vienna upon the advice of Bleuler. After a number of interviews, he was accepted by Freud for training and was analyzed by him. The analysis lasted two years and he had a number of control cases with Federn, Hitschmann, Bernfeld, and with Freud himself, from 1919-22. In the fall of 1921, he became an active member of the Vienna Psychoanalytic Society.“ (27.11.1975: Nachruf Maurice N. Walsh, M.D)

1921-1938: Privatpraxis in Wien
4.8.1937: Ehe mit Magdalena Blumenstein

Anfang August 1938: Flucht mit seiner Frau über die Schweiz nach Frankreich, von wo sie nach England emigrieren wollten.
22.-10.1938: Brief Anna Freuds aus London an Paul Federn New York
„Von Jokl kommen verzweifelte Brief aus der Schweiz. Er weiß nicht, wohin. Hier in England sind die Möglichkeiten für permits wohl erschöpft. Jones wäre auch für Jokl nicht zugänglich. Was soll man mit ihm machen?“

23.8.1941: Mitteilung der Geheimen Staatspolizei an die Spedition Ullmann über  die rechtskräftige Beschlagnahmung der „Umzugsgüter des Emigranten Robert Israel Jokl, Wien I., Opernring 19 wohnhaft gewesen, rechtskräftig im sinne des Gesetzes vom 14. Juli 1938“

Sommer 1942: Internierung in Frankreich
„Im Sommer 1942 wurden wir ins Lager Les Milles bei Marseille interniert, dann in das Lager NOE bei Toulouse und in das Lager von Masseube, Dept. Gers, transportiert, wo wir bis zum Ende des Krieges in Frankreich blieben.“ (zit. aus eideststattlicher Erklärung Magda Jokls vom 12.4.1976
In den Räumen der WPV befindet sich heute ein Portrait Hans Jokels, das aus dieser Zeit stammt:
„Das Portrait wurde von Mme Henriette Chobaud in 1942 gemalt. Mme Chobaud war die Frau vom Archivisten des Päpstlichen Palastes in Avignon. Sie und ihr Mann waren gute, wertvolle Freunde in einer sehr schwierigen Zeit für uns.“  (10.4.1991, Brief Magda Jokl an Wolfgang Berner, Vorsitzender der WPV Wien)

1946 Rückkehr Robert Jokls – ohne seine Frau - nach Wien

Zusammenarbeit mit A. Aichhorn, Wiederaufbau der Psychoanalytischen Vereinigung als Lehranalytiker mit August Aichhorn und Otto Fleischmann, Versuch des Wiederaufbaus des Ambulatoriums

17.12.1947 Auswanderung in die USA, von Wien über Paris/Nizza nach Topeka
17.2.1949: Jokl aus den USA an Aichhorn

„Wir müssen uns wohl damit abfinden, daß Amerika dazu ausersehen ist, jene Saat zu ernten, die in Wien gestreut wurde. Und nicht nur ausersehen, sondern auch befähigt dazu, eben jener Punkt, in dem nicht wir Wien, sondern Wien uns verlassen hat. Aus der Perspektive eines Getriebes und einer Organisation aus gesehen wie der, der ich jetzt angehöre, erscheint es rätselhaft, mit welchen Mitteln in Wien ein Neuaufbau unserer Wissenschaft betrieben werden sollte, solange die primitivsten Voraussetzungen dazu fehlen. Nicht dass wir, Sie, Dr. Fleischmann und ich, dazu nicht den Mut und die Eignung aufgebracht hätten, aber was uns fehlt, ist jede aktive Hilfe von außen, die Interessen sind, wo sie nicht gespalten sind, lau und zweideutig, sowohl von Seiten der Maßgebenden als des Publikums. Hier liegt die Sache so, das wir nicht nur die volle und uneingeschränkte Unterstützung des Staates und der Hochschulen genießen, mit denen wir als Gleichgestellte zusammenarbeiten, sondern dass jeder „training analyst“ sich seiner Aufgabe voll widmen kann, weil er so bezahlt und pekuniär und moralisch so gestellt ist, dass er keinerlei Sorgen zu haben braucht, ein Zustand, den wir in Europa seit mehr als einem Jahrzehnt vermisst haben (…).

Wir drei  hätten, um „auch“ leben zu können, im Laufe von Jahren bestenfalls 6 Kandidaten heranziehen können und es ist leicht zu errechnen, wie lange es gebraucht hätte, bis wir wieder eine Vereinigung mit wissenschaftlichen Sitzungen, einem Ambulatorium und ökonomisch arbeitendem Lehrinstitut gehabt hätten.(…)

Sie erinnern sich, welche wesentlichen Argumente mich von Wien weggetrieben haben. Meine Situation war unmöglich geworden (oder geblieben), weil sich nirgends eine Gelegenheit oder Möglichkeit fand, mir die zum Leben und zur Arbeit notwendigsten Grundbedingungen wiederzugeben. 2 ½ Jahre nach meiner Rückkehr hatte ich keine Wohnung, keinen auskömmlichen Verdienst, (…). Mein Familienleben war erst durch die Kriegszeit, dann durch diese Verhältnisse gestört und erschüttert, es fehlt jede staatliche und jede Berufshilfe, von einer Wiedergutmachung in irgendeiner Form gar nicht zu reden. Man rief uns zwar unter allerhand Vorspiegelungen zurück, aber heimgekehrt scherte sich kein Mensch um einen und hätte man sich nicht selber über Wasser gehalten und uneigennützige Freunde gehabt, hätte man glatt verkommen müssen.“
(Archiv WPV)

1948-1951: Mitarbeit in der Menninger Kilnik Topeka
1952-1974: Psychoanalytiker in Los Angeles
1974 Ruhestand
4.11.1975 verstorben in Los Angeles

Text: Christine Diercks, 2009