Isidor Sadger: Biographie

Isidor Sadger wurde am 29.10.1867 in Neusandec (Nowy Sacz) in Galizien als Sohn des jüdischen Ehepaarea Miriam und Hersch Sadger geboren.

1885 maturierte er in Wien (Communales Gymnsaium Wien II), studierte anschließend Medizin und promovierte 1891 an der Universität Wien.
Er praktizierte zuerst als praktischer Arzt und später als Nervenarzt in Wien IX, spezialisierte sich auf  Hydrotherapie bei nervösen Erkrankungen und war über den Sommer als Kurarzt in Gräfenberg (Schlesien) tätig. Isidor Sadger schrieb für Max Kahanes „Medizinisches Handlexikon für praktische Ärzte“ (1908) Beiträge.

Mit Freud war Isidor Sadger seit den 1890er Jahren in Kontakt (Wittels, 1924), er war Hörer seiner Vorlesungen, wurde von Freud am 14.11. 1906 zur Aufnahme in die Mittwoch-Gesellschaft vorgeschlagen und eine Woche später angenommen.
Schon früh beschäftigte er sich mit Homosexualität und Perversion, am Salzburger Kongress 1908 berichtete er von einer Psychoanalyse mit einem Homosexuellen. Er publizierte zahlreiche Pathographien über Dichter in der Presse aus der Sicht der zeitgenössischen Psychiatrie, was ihm unter anderem die Kritik Freuds einbrachte.
Zusammen mit seinem Neffen Fritz Wittels, den er in die Mittwoch-Gesellschaft einführte, sprach er sich vehement gegen die Aufnahme von Frauen in die Mittwochgesellschaft aus.
Aus den Protokollen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung vom 13. April 1910 (number, Federn 1997, II, 440):

“In der Debatte über die Anmeldung der Frau Dr. Hilferding […] erklärt sich:
Sadger aus prizipiellen Gründen gegen die Aufnahme von Frauen.
Adler ware dafür, auch weibliche Ärzte und Frauen, die sich ernsthaft dafür interessieren und mitarbeiten wollen, zuzulassen.
Prof. Freud würde es als arge Inkonsequenz sehen, wenn wir Frauen prinzipiell ausschlössen.
In der hierauf vorgenommenen informativen Abstimmung ergibt sich, daß 3 gegen 11 Stimmen prinzipiell gegen die Aufnahme von Frauen sind, was den Obmann veranlaßt, in diesem Punkte mit besonderer Zurückhaltung vorzgehen. […]
Die Kandidatur Frau Dr. Hilferdings wird an den Vorstand verwiesen.”

Sadger gehörte zu den Unterstützern von Otto Fenichels „Seminar für Sexuologie“ (1919-1921), in Ambulatorium und Lehrinstitut referierte er zur „Psychopathia sexualis“.
Isidor Sadger war Analytiker und Mentor von Hermine Hug-Hellmuth.

1933 gab er seinen Austritt aus der Vereinigung bekannt, was mit heftigen Angriffen in Zusammenhang mit seiner Freud - Biographie stehen dürfte, die er zwar drucken hatte lassen, mit deren Veröffentlichung er jedoch angeblich bis nach Freuds Tod warten wollte. Dieses Buch war lange verschollen und wurde 2006 von Andrea Hupke und Michael Schröter neu herausgegeben.

Isidor Sadger wurde am 10. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und starb dort am 20. oder 21. Dezember 1942.

Text: Christine Diercks 7.6.2010