Theodor Reik - Chronologie

Theodor Reik, geboren am 12. Mai 1888 in Wien, starb am 31. Dezember 1969 in New York. Er war Sohn jüdischer Eltern, legte 1907 im k.k. Sophiengymnasium seine Reifeprüfung ab,  studierte unter bedrückenden materiellen Verhältnissen in Wien Psychologie, Philosophie, Literatur- und Religionswissenschaft und promovierte 1912 mit einer Doktorarbeit über Flaubert und seine „Versuchung des heiligen Antonius“. Die Dissertation gilt als die erste auf psychoanalytischer Grundlage basierende literaturkritische Studie.
1910 hatte er die Bekanntschaft mit Sigmund Freud gemacht und las „Die Traumdeutung“. Freud, der sich mit dem jungen Studenten anfreundete, unterstützte mehrere Jahre lang dessen Ausbildung zum Psychoanalytiker durch einen monatlichen Geldbetrag.
1911 hielt Reik seinen ersten Vortrag in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung mit dem Titel „Über Tod und Sexualität“ und wurde als Mitglied aufgenommen.
Reik erwies sich als kompetenter Literaturinterpret, unterhielt eine treue Freundschaft zu Arthur Schnitzler und veröffentlichte verschiedene literaturpsychologische Studien.
1915 erhielt er  den von Freud gestifteten Preis für die beste wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der angewandten Psychoanalyse für „Die Pubertätsriten der Wilden. Über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker”.
1914 arbeitete Reik für einige Zeit im Auftrag Freuds im Verlag von Hugo Heller und ging bald nach Berlin um seine psychoanalytische Ausbildung zu machen. Er war dort in Analyse bei Karl Abraham. Von 1915 bis 1918 als Soldat eingezogen, wurde er, zurück in Wien, 1918 als zweiter Sekretär und Bibliothekar der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung gewählt.
Ein besonderes Datum in der Geschichte der Psychoanalyse  ist das Jahr 1925, in dem Theodor Reik Opfer einer Anklage wegen Kurpfuscherei wurde. Reik war im Gegensatz zu den meisten Psychoanalytikern seiner Zeit kein ausgebildeter Mediziner, was ihn in Konflikt mit dem Gesetz brachte, das nur Ärzten die Ausübung von Heilberufen gestattete. Sigmund Freud nahm die Anklage zum Anlass, die Arbeit „Die Frage der Laienanalyse“ (1926) zu veröffentlichen, in der er Stellung bezog für eine fundierte psychoanalytische Ausbildung und zugleich für die Zulassung nicht-ärztlicher Kandidaten zur Psychoanalyse.
Ab 1928 wurde Reik Mitarbeiter am Psychoanalytischen Institut Berlin, bis er 1933 aufgrund der nationalsozialistischen Machtübernahme zur Emigration gezwungen war. Er floh zunächst in die Niederlande, 1938 emigrierte er in die USA.
Das Klima in der US-amerikanischen Psychoanalyse, die Nicht-Medizinern die Zulassung zur Ausbildung und Ausübung der Psychoanalyse verwehrte, erschwerte es Reik, sich dort psychoanalytisch zu betätigen. So verweigerte ihm die Psychoanalytische Vereinigung von New York die Vollmitgliedschaft. 1948 gründete Reik eine eigene Psychoanalytische Vereinigung, die National Psychological Association for Psychoanalysis (NPAP), die auch Nichtmedizinern offen stand und an die eine Klinik angegliedert war, die Reiks Namen trägt. Er gab auch die Zeitschrift „The Psychoanalytic Review“ heraus.
Reik hinterließ mehr als 50 Bücher, von denen die religionspsychologischen neben den kriminal- und literaturpsychologischen Schriften als die bedeutendsten gelten. Die umfangreiche Studie „Aus Leiden Freuden“, eine Studie über den Sado-Masochismus und „Hören mit dem dritten Ohr“, eine Studie über den psychoanalytischen Prozeß, gelten als seine bekanntesten psychoanalytischen Arbeiten. Theodor Reik wandte sich nach dem Krieg zunehmend von der Psychoanalyse ab, bezeichnete sich als Neo-Psychoanalytiker und hielt sowohl die Triebtheorie als auch eine systematische psychoanalytische Behandlungstechnik für eine Fehlentwicklung.

Quellen:
Mühlleitner, Elke (1992): Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Tübingen.
Wikipedia, Art. Theodor Reik
www.questia.com - The Columbia Encyclopedia, Sixth Edition 2004, Columbia University
Rattner, Josef (1990):  Klassiker der Tiefenpsychologie. 32 Portraits. Psychologie-Verlagsunion. München.

Text: Walter Parth, 2008
Redaktion: CD, 2008